Erneuerbare Energien Ökostrom-Förderung 2024 könnte Rekordwert erreichen
Die staatliche Förderung für Erneuerbare Energien erreicht in diesem Jahr laut den Wirtschaftsforschern vom RWI mit 23 Milliarden Euro einen neuen Höchstwert. Dieser liegt deutlich über den Prognosen der Bundesregierung.
Die staatliche Förderung für Erneuerbare Energien in Deutschland wird Forschern zufolge in diesem Jahr voraussichtlich einen neuen Höchststand erreichen. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) prognostiziert eine Belastung des sogenannten EEG-Kontos in Höhe von insgesamt 23 Milliarden Euro bis Jahresende, berichtete die "Bild"-Zeitung.
Auf diesem Konto werden die Einzahlungen und Auszahlungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verbucht. "Es ist daher höchste Zeit, dass Solarstrom keine staatliche Förderung mehr erhält und sich am Markt behaupten muss", sagte Manuel Frondel, Leiter der Abteilung "Umwelt und Ressourcen" beim RWI.
Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben zahlt der Bund
Das EEG-Konto funktioniert im Prinzip wie jedes andere Konto auch: Einnahmen und Ausgaben werden miteinander verrechnet. Auf der Soll-Seite stehen unter anderem die Vergütungen für die Anlagenbetreiber, die Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugen - sei es Photovoltaik, Windkraft oder Biomasse. Sie erhalten pro eingespeiste Kilowattstunde entweder einen festen Vergütungsbetrag oder eine Marktprämie. Die Höhe dieser Zahlungen regelt das EEG.
Den Strom aus Erneuerbaren Energien verkaufen die Übertragungsnetzbetreiber schließlich an der Strombörse. Die Erlöse fließen auf das EEG-Konto. Weil diese Einnahmen aber niedriger sind als die Vergütungen für die Anlagenbetreiber, die Ausgaben also die Einnahmen übersteigen, gab es bis 2023 die sogenannte EEG-Umlage. Sie finanzierte die Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen und somit den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Mittlerweile werden die Kosten aus dem Bundeshaushalt übernommen.
Ausbau-Pläne bis 2030 "unbezahlbar"?
Bereits bis Ende Juli wurde das EEG-Konto laut den Berechnungen des RWI mit 13,35 Milliarden Euro belastet. Die prognostizierten Gesamtkosten für 2024 liegen damit deutlich über den ursprünglichen Erwartungen der Bundesregierung, die zunächst von etwa elf Milliarden Euro ausgegangen war und zuletzt ihre Schätzung auf 19 Milliarden Euro erhöht hatte. Zum einen liegt das laut RWI am größeren Zubau von Solar- und Windanlagen, die staatlich gefördert werden.
Zum anderen führe der massive Ausbau von Solaranlagen dazu, dass Strom an der Börse immer häufiger zu "negativen Preisen" angeboten werden müsse, erklärte Frondel der "Bild". Wer bei negativen Marktpreisen Strom einspeist, erhält keine Erlöse, sondern muss stattdessen Geld bezahlen. Der Staat muss den Betreibern aber dennoch den garantierten Festpreis für jede Kilowattstunde Strom überweisen. Die Differenz zu den festgelegten Vergütungen für Ökostromproduzenten müsse entsprechend höher ausgeglichen werden, so der Experte.
Damit dürften die Kosten für die Steuerzahler in den kommenden Jahren noch weiter ansteigen, warnte Experte Frondel in der Zeitung. Die Ampel-Koalition plant, dass Solaranlagen Ende des Jahrzehnts insgesamt 215 Gigawatt (GW) Strom liefern können - mehr als doppelt so viel wie aktuell. "Die Ausbau-Pläne der Regierung für das Jahr 2030 sind unbezahlbar und gefährden die Stromversorgungssicherheit, nicht zuletzt, weil die Überlandleitungen noch fehlen", so Frondel.
Stromnetze belastet durch Solarboom
Der Ausbau der Solarenergie hat sich in Deutschland im ersten Halbjahr stark beschleunigt. Von Anfang Januar bis zum 18. Juli lag die neu installierte Leistung um ein Viertel höher als in der ersten Hälfte 2023, wie der Bundesverband Solarwirtschaft kürzlich mitteilte. Die Bruttoleistung aller deutschen Solaranlagen belief sich demnach auf 90,4 Gigawatt-Peak. Im Jahr 2023 deckten die installierten Anlagen rund zwölf Prozent des gesamten Bruttostromverbrauchs. Sie produzierten 62 Terawattstunden Strom.
Auch weiterhin waren private Hausbesitzer die Haupttreiber mit rund 40 Prozent an der neu installierten Gesamtleistung. Doch insgesamt sinken die Zahlen: Im ersten Halbjahr wurden im sogenannten Heimsegment rund fünf Prozent weniger Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach in Betrieb genommen als ein Jahr zuvor. Dafür errichten vor allem Unternehmen und Landwirte neue Solaranlagen auf Firmendächern und Freiflächen. Auf Freiflächenanlagen legte sie um 37 Prozent zu, auf Gewerbedächern um 21 Prozent und bei Balkon-Solaranlagen um drei Prozent.
Derweil erschwert der Boom der Solarenergie laut einer Analyse des des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zunehmend die Steuerung der Stromnetze. Die Solarstromerzeugung ist demnach stark um die Mittagsstunden sonniger Tage konzentriert. "Dies kann in den Stromnetzen, vor allem auf der Verteilnetzebene, zu zeitweisen Engpässen führen."
Bereits vorhandene Flexibilität bei der Netzintegration von Photovoltaik (PV) werde nicht immer optimal eingesetzt, hieß es weiter. So seien zuletzt viele PV-Anlagen in Gebäuden in Kombination mit Batteriespeichern installiert worden. Diese erlaubten es den Haushalten oder Gewerbetreibenden, den Anteil ihres selbst genutzten PV-Stroms zu vergrößern.
Mit Informationen von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion.