Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

DAX mit neuem Rekord Wall Street hangelt sich durch

Stand: 29.01.2025 22:15 Uhr

In Frankfurt war die Stimmung zur Wochenmitte deutlich besser als in New York: Während der DAX neue Höhen erklomm, blieben die US-Investoren aus guten Gründen zögerlich.

Die New Yorker Aktienmärkte haben sich nach einem bewegten Handelstag von ihren Tagestiefstständen erholt. Die Sitzung war geprägt von dem Zinsentscheid der US-Notenbank Fed, zudem wirkte der jüngste DeepSeek-Schock weiter nach.

Der Dow Jones schloss mit einem Minus von 0,31 Prozent bei 44.713 Punkten.

An der Technologiebörse Nasdaq stand die Nvidia-Aktie erneut unter Druck, der Auswahlindex Nasdaq 100 gab aber nur 0,24 Prozent auf 21.411 Punkte ab.

Für Erleichterung sorgten Experteneinschätzungen zum neuen KI-Modell des chinesischen Start-ups DeepSeek. So schrieben etwa die Analysten der Bank of America: KI-Fortschritte, die vor allem Optimierungen zu verdanken seien und nicht durch höhere Rechenressourcen zustande kämen, zeigten, dass die Künstliche Intelligenz (KI) weiterhin in den Kinderschuhen stecke. Zudem seien Mediengerüchte über eine angeblich weitaus kostengünstigere Entwicklung der DeepSeek-Modelle "irreführend und übersehen das Gesamtbild".

Wie weithin erwartet, beließ die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihren Leitzins unverändert in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent. Die Notenbanker begründeten ihre Entscheidung unter anderem mit der "etwas erhöhten" Inflation. Zudem sprachen sie von einer insgesamt robusten Konjunktur: "Die Arbeitslosenquote hat sich in den vergangenen Monaten auf einem niedrigen Niveau stabilisiert und die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt bleiben solide."

Fed-Chef Jerome Powell betonte, die Fed wolle erst einmal abwarten, wie die Politik ausgestaltet werde. Von Zinserhöhungen war aber nicht die Rede, was die US-Anleger beruhigte.

Für die Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag wird dagegen eine erneute Leitzinssenkung erwartet. Es wäre die fünfte Zinssenkung im Euroraum seit Mitte 2024. Damit würde die EZB die schwächelnde Konjunktur stützen.

Nach US-Börsenschluss steht den US-Technologiewerten die nächste Bewährungsprobe bevor: Mit gleich drei Unternehmen der "Glorreichen Sieben" geht die Tech-Berichtssaison in die Vollen. Microsoft, Meta und Tesla legen ihre Zahlen zum vergangenen Geschäftsquartal vor.

Zu den "Glorreichen Sieben" gehören neben den drei genannten Firmen auch Apple, Nvidia, Amazon und Alphabet - allesamt namhafte US-Technologiekonzerne, die für ihre Marktdominanz und ihren starken Einfluss auf die Börsenindizes Nasdaq und S&P 500 bekannt sind.

Ungeachtet der zögernden US-Märkte nahm der deutsche Aktienmarkt seine Rekordjagd wieder auf. Erstmals in seiner Geschichte notierte der DAX über der Marke von 21.600 Punkten. Der deutsche Leitindex ging 0,97 Prozent höher bei 21.637 Punkten aus dem Handel. In der Spitze ging es bis auf 21.671 Punkte nach oben. Vor allem das gute Zahlenwerk des niederländischen Chipindustrie-Ausrüsters ASML hatte für Aufatmen gesorgt.

"Nach dem kleinen DeepSeek-Unwetter brauchte der deutsche Leitindex DAX nicht lange, um sich wieder zu erholen", stellte Analyst Jens Klatt vom Broker XTB fest. "Es hat also durchaus Vorteile, wenn man nicht so stark Tech- und KI-abhängig ist wie die Wall Street."

Die Korrektur vom Wochenanfang sei abgehakt, sagte auch Kapitalmarktexperte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. "Es bleibt dabei, noch wird jede Gelegenheit von den Anlegern genutzt, jeder noch so kleine Rücksetzer wird gekauft."

Experten bezeichnen ein solches Kaufmuster als "buy the dip": Solange die Anleger Kursrücksetzer als Einstiegsgelegenheit sehen, ist die Rally im DAX intakt. Auch aus technischer Sicht hat der deutsche Leitindex noch weiteres Aufwärtspotenzial, sendet er doch mit dem Rekordhoch eines der besten Kaufsignale, welche die Technische Analyse zu bieten hat.

Am Devisenmarkt erhielt der Dollar durch den Fed-Entscheid und durch neue Zolldrohungen des US-Präsidenten Unterstützung. Wie das Weiße Haus gestern mitteilte, hält Donald Trump an seinen Plänen fest, ab dem 1. Februar Zölle in Höhe von 25 Prozent gegen Kanada und Mexiko zu verhängen und zieht gleichzeitig neue Zölle gegen China in Erwägung. Am Abend büßt der Euro 0,17 Prozent ein auf 1,0410 Dollar.

Unterdessen fiel der Goldpreis um 0,3 Prozent auf 2.754 Dollar je Feinunze. Dem gelben Edelmetall fehlt nicht mehr viel bis zu seinem Rekordhoch vom Herbst bei 2.790 Dollar.

Am Rohstoffmarkt gaben die Ölpreise weiter nach. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am späten Abend mit 75,83 Dollar knapp ein Prozent weniger. In den USA sind die Ölreserven in der vergangenen Woche stärker als erwartet gestiegen. Sie kletterten um 3,5 Millionen auf 415,1 Millionen Barrel. Steigende Ölreserven in der größten Volkswirtschaft der Welt belasten in der Regel die Ölpreise.

Herausragender Akteur unter den US-Werten war erneut Nvidia. Die Aktie des Chipherstellers gab ihre Vortagesgewinne wieder ab und verlor zeitweise über sechs Prozent. Angeblich prüfen Vertreter der Regierung von US-Präsident Trump weitere Beschränkungen für den Export von Computerchips des KI-Vorzeigeunternehmens nach China. Die Gespräche befänden sich aber noch in einem frühen Stadium, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Trumps designierter Handelsminister Howard Lutnick, der für die Umsetzung entsprechender Maßnahmen zuständig wäre, sagte bei einer Anhörung, dass er "sehr stark" für Halbleiterkontrollen sei.

Am Abend meldete die Lufthansa ihren Einstieg bei der lettischen Fluggesellschaft AirBaltic. Für 14 Millionen Euro übernehme die Lufthansa Group einen Anteil von zehn Prozent. Zusätzlich erhalte die Lufthansa einen Sitz im Aufsichtsrat des lettischen Staatsunternehmens, das seit 2011 von dem deutschen Manager Martin Gauss geführt wird. AirBaltic ist die größte Fluglinie in den baltischen Staaten. Sie fliegt von ihrem Drehkreuz Riga mehr als 70 Ziele an und setzt dafür eine Einheitsflotte von 50 Airbus A220 ein.

Am deutschen Aktienmarkt profitierten die Papiere von Daimler Truck und Traton von positiven Branchennachrichten. Daimler Truck gewann an der DAX-Spitze über sieben Prozent, Traton gewann im MDAX 6,6 Prozent. Beim schwedischen Lkw-Hersteller Volvo zeichnet sich beim Auftragseingang eine positive Trendwende ab.

Gefragt war auch die Aktie der Deutschen Telekom nach starken Neukundenzahlen der US-Tochter T-Mobile US. Mit unter dem Strich gut zwei Millionen Neukunden im vierten Quartal übertraf der Mobilfunkanbieter die Markterwartung von gut 1,6 Millionen recht deutlich. Im laufenden Jahr will das Unternehmen im Segment Postpaid mit nachträglicher Rechnungslegung 5,5 bis sechs Millionen Netto-Neukunden gewinnen. Damit liegt es ebenfalls über dem Marktkonsens von 5,2 Millionen Neukunden.

Während die Infineon-Aktie ihre Gewinne im Verlauf abgab, blieben Aktien von Aixtron und Jenoptik gefragt. Marktexperten verwiesen auf die ASML-Zahlen als Kursstütze für die deutschen Technologiewerte.

Der niederländische Ausrüster der Halbleiterindustrie verzeichnete im vergangenen Quartal einen Sprung beim Ordereingang. Halbleiterhersteller bestellten Maschinen im Volumen von gut sieben Milliarden Dollar - Analysten hatten nur mit knapp vier Milliarden Dollar gerechnet.

Renk-Chefin Susanne Wiegand verabschiedet sich vom Augsburger Panzergetriebehersteller mit kräftigen Zuwächsen. Der Umsatz sprang im vergangenen Jahr angesichts der weltweiten Aufrüstung um 23 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen sprang um 26 Prozent auf 189 Millionen Euro. Im Verlauf fiel die Aktie allerdings deutlich zurück. Marktteilnehmer wiesen darauf hin, dass das Management zwar weiteres Wachstum in Aussicht gestellt, dieses aber nicht quantifiziert habe.

Der Gewinn des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) ist im vergangenen Jahr noch stärker zurückgegangen als erwartet. Unter dem Strich verdiente LVMH 12,6 Milliarden Euro und damit 17 Prozent weniger. Die Erlöse stiegen konzernweit leicht um 1,0 Prozent auf 84,7 Milliarden Euro, wie das Unternehmen gestern nach Börsenschluss in Paris mitteilte.

Elon Musks Online-Plattform X will ihren seit langem angekündigten Dienst für Geldüberweisungen bis Ende dieses Jahres starten. X-Chefin Linda Yaccarino gab Visa als ersten Partner aus der Finanzbranche bekannt. Mit den Accounts von X Money werden Nutzer unter anderem Geld von einer verknüpften Debitkarte untereinander verschicken und Mittel auf ihr Bankkonto überweisen können, hieß es. Ob X Money nur in den USA oder auch in anderen Ländern verfügbar sein wird, blieb zunächst unklar.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das Erste "Wirtschaft vor Acht" am 28. Januar 2025 um 19:55 Uhr.