Ola Källenius

Gewinneinbruch beim Autobauer Wie Källenius bei Mercedes-Benz sparen will

Stand: 20.02.2025 12:07 Uhr

Nachfrage und damit der Gewinn brechen ein, die Luxusstrategie geht nicht auf. Mercedes-Benz stehen unruhige Zeiten bevor. Kurzfristig soll massiv gespart werden - vor allem auf Kosten der Belegschaft.

Von Geli Hensolt und Christoph Mautes, SWR

Der Autobauer Mercedes-Benz hat im vergangenen Jahr vor allem wegen des schlecht laufenden Geschäfts in China einen deutlichen Gewinneinbruch erlitten. Das Konzernergebnis fiel im Jahresvergleich um gut 28 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro, wie das DAX-Unternehmen mitteilte.

Als Gründe für den Rückgang beim Gewinn im Jahr 2024 nannte Mercedes-Benz weniger verkaufte Autos in China und ein schwacher Absatz in Europa. Auch der Umsatz sank im vergangenen Geschäftsjahr um 4,5 Prozent auf 145,6 Milliarden Euro. Der Rückgang war in den Sparten Autos und Vans in etwa gleich stark. Das Ergebnis liegt im Rahmen der Prognose, die im vergangenen Jahr zwei Mal gesenkt werden musste. 

Chefetage kündigt Einsparungen an

Mercedes-Chef Ola Källenius sprach von einem soliden Ergebnis in einem sehr herausfordernden Marktumfeld und kündigte ein "Leistungsprogramm" mit Einsparungen an. 

Das Unternehmen ergreife nun Maßnahmen, um schlanker, schneller und stärker zu werden, so Källenius. So soll etwa das Direktvertriebsmodell weiter gestärkt werden und die Kosten sollen schnell und deutlich sinken. Bis 2027 will Mercedes etwa die Produktionskosten um zehn Prozent senken.

Keine Besserung in Sicht

Im laufenden Jahr wird die Lage nach Einschätzung des Autobauers kaum besser. Absatz und Umsatz sollen abermals leicht unter Vorjahr liegen, auch der Betriebsgewinn soll weiter sinken. 

Durch den Gewinnrückgang wird auch die Dividende für die Aktionäre sinken. Vorstand und Aufsichtsrat wollen der Hauptversammlung im Mai 4,30 Euro je Aktie vorschlagen. Vergangenes Jahr waren es noch 5,30 Euro. 

Kürzungen bei Prämien und Sonderzahlungen

Aus Sicht des Unternehmens müssen auch die Beschäftigten einen Beitrag am Sparprogramm leisten: Der Betriebsrat hat die Beschäftigten in einer Extra-Ausgabe der Mitarbeiterzeitung informiert - und spricht angesichts der Sparideen des Unternehmens von einer "Horrorliste": Unter anderem soll die Erfolgsprämie, die die Beschäftigten jährlich erhalten, geringer aus- und Jubiläumszuwendungen für langjährige Betriebszugehörigkeit wegfallen.   

Allein bei der Prämie, mit denen das Unternehmen die Mitarbeitenden jedes Jahr am geschäftlichen Erfolg beteiligt, würde sich viel Geld sparen lassen: Die Prämie bekommen die 90.0000 tariflich Beschäftigten in Deutschland einmal im Jahr, bei einer Prämie von 5.000 Euro kämen so 450 Millionen Euro zusammen. 

Geplant ist nach Informationen des Betriebsrates auch, Stellen abzubauen - wobei es aktuell eine Beschäftigungsgarantie gibt, bis 2030 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. 

Produktionsverlagerung nach Ungarn

Um weitere Kosten zu sparen, will der Autobauer in den kommenden Jahren Produktionskapazitäten in Länder mit niedrigen Arbeitskosten verlagern. Der Produktionsanteil in Ländern mit niedrigen Kosten werde in den kommenden Jahren von 15 auf 30 Prozent verdoppelt, erklärte Finanzchef Harald Wilhelm.

"Wir haben nicht die Absicht, ein Werk in Deutschland zu schließen", so Wilhelm; in den nächsten drei Jahren werde die Produktionskapazität hierzulande aber um 100.000 Einheiten reduziert und im Werk Kecskemet in Ungarn auf 200.000 erhöht. Dort seien die Kosten 70 Prozent niedriger als in Deutschland. Ein Kompaktmodell werde aus Deutschland dorthin verlagert.

Das sind die Baustellen bei Mercedes-Benz

Mercedes steht aktuell vor vielen Herausforderungen: Im vergangenen Jahr verkaufte der Konzern vier Prozent weniger Fahrzeuge als 2023. Die Nachfrage in China ist eingebrochen. Auch auf dem Heimatmarkt Deutschland verkaufen sich die Modelle nicht wie erhofft, E-Autos laufen ebenfalls nicht so gut. 2024 ging ihr Anteil im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent zurück. 

Mercedes selbst sagt auf SWR-Anfrage, die aktuelle Wirtschaftslage bleibe weltweit extrem volatil. Nur durch nachhaltiges Steigern der Effizienz bleibe das Unternehmen finanziell stark und handlungsfähig. In den kommenden Jahren sollen daher über alle Kostenarten hinweg mehrere Milliarden Euro jährlich eingespart werden.

Die Aussichten für 2025 sind nicht nur wegen der schwachen Autokonjunktur und drohenden Importzölle in den USA trüb, Mercedes bringt auch nur wenige neue Modelle heraus. So soll das kompakte Elektroauto CLA mit langer Reichweite, schnellem Laden und neuen digitalen Funktionen punkten. Bis Ende des Jahrzehnts plant Mercedes Dutzende neue Modelle, auch mit Verbrennungsmotoren - die Investitionen werden deshalb weiter steigen.

Branchenexperte: Mercedes ist nicht effizient genug

Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA) in Geislingen teilt die Einschätzung, dass Mercedes sparen muss. Er hält die Personalkosten bei dem Autohersteller für zu hoch und die Produktivität für zu gering. Diese teilweise über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen müssten dringend hinterfragt werden, damit Mercedes wettbewerbsfähig bleibe. 

Reindl sieht dabei auch die Arbeitnehmervertreter gefordert. Er gibt zu bedenken, dass in der Autoindustrie sehr hohe Löhne bezahlt werden. 

Betriebsrat: Sparen kann nicht nur die Lösung sein

Dass die Situation bei Mercedes momentan angespannt ist, findet auch der Betriebsrat. Die IG-Metall-Vertreter üben aber in der Gewerkschaftszeitung Kritik: Angesichts der komplexen Probleme habe der Mercedes-Vorstand nur die eine einfallslose Antwort parat: sparen. 

Das wollen die Arbeitnehmervertreter nicht akzeptieren. Sie betonen, man werde nicht zulassen, dass die Fehlentscheidungen des Managements auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden: "Kosten schrubben allein wird die Wettbewerbsfähigkeit nicht verbessern und war und ist auch keine Strategie." 

Festhalten an Verbrenner-Modellen

Nicht nur in China, auch sonst laufen die E-Autos nicht wie erhofft. Mercedes-Chef Källenius, der früher stark auf E-Fahrzeuge setzte und bis 2030 eigentlich nur noch E-Autos anbieten wollte, ist deshalb bereits zurückgerudert. Er will bis deutlich in die 2030er-Jahre auch noch Verbrenner anbieten, sollte Nachfrage bestehen.

Die Trendwende sollen neue Modelle bringen: Ende des Jahres kommt die Elektro-Variante des kompakten CLA auf den Markt. Er wird in Rastatt produziert. Ab 2026 folgen dann weitere Modelle, unter anderem die neue elektrische S-Klasse. 

Kritik an Luxusstrategie - Verkaufspreise sind gestiegen

Mercedes setzt seit dem Amtsantritt von Källenius vor fünf Jahren vor allem auf Luxus. Der Stuttgarter Autobauer will besonders zahlungskräftige Kunden ansprechen. Anfangs sprach viel dafür, dass diese Strategie aufgeht: 2023 erzielte der Hersteller 14,5 Milliarden Euro Gewinn. 

Das lag auch daran, dass Mercedes die Preise für seine Fahrzeuge kontinuierlich erhöhte: So stieg der durchschnittliche Verkaufspreis eines Mercedes von 51.000 Euro im Jahr 2019 auf 74.600 Euro im dritten Quartal 2023.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen aber steht diese Strategie immer stärker in der Kritik. Besonders im Top-Segment, zu dem die S- und die G-Klasse gehören, gingen die Verkäufe um 14 Prozent zurück. Die elektrischen Flaggschiffe (EQS und EQE) enttäuschen - auch in China. Autoexperte Reindl hält die Ausrichtung auf das Premiumsegment dennoch weiterhin für richtig. Er betont aber auch: "Bei den neuen Modellen muss Mercedes dringend liefern."   

Starke einheimische Konkurrenz in China

Besonders in China ist der Handlungsbedarf aus Sicht des Branchenkenners groß. Der Markt dort ist für Mercedes der wichtigste, aber die Geschäfte dort laufen nur schleppend. Die Krise auf dem chinesischen Immobilienmarkt treffe momentan vor allem zahlungskräftige Chinesen - also die traditionellen Mercedes-Käufer. 

Dazu kommt noch ein weiteres Problem: In China drängen heimische Anbieter auf den Markt, die elektrische Luxusautos zu deutlich günstigeren Preisen anbieten. Dabei treffen sie offenbar auch den Geschmack der Kundschaft besser.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete SWR Kultur Aktuell am 20. Februar 2025 um 12:05 Uhr.