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Viele Bescheide stehen noch aus Was Eigentümer zur neuen Grundsteuer wissen müssen

Stand: 23.12.2024 11:40 Uhr

Ab 2025 müssen Eigentümer von Häusern und Grundstücken die neue Grundsteuer zahlen. Doch viele Kommunen verschicken die Bescheide erst im neuen Jahr. Was sollten Betroffene beachten?

Von Michelle Goddemeier, ARD-Finanzredaktion

Die neu berechnete Grundsteuer gilt ab 2025 - was in diesem Jahr zu vielen Diskussionen geführt hat und auch zu Verunsicherung. Zahlreiche Eigentümer einer Immobilie warten noch immer auf die Bescheide und wissen nicht, was finanziell auf sie zukommt. Müssen sie mehr oder weniger als vorher bezahlen? Und wann wird das geklärt sein? Antworten auf einige Fragen.

Wie ist die aktuelle Lage?

Eigentümer eines Hauses oder eines Grundstücks müssen ab 2025 die neue Grundsteuer zahlen. Diese gilt offiziell ab dem 1. Januar. Doch es gibt ein großes Problem. Denn viele Kommunen versenden die Bescheide erst im neuen Jahr. Der Verband Haus & Grund, der Hauseigentümer vertritt, rechnet damit, dass die meisten Bescheide innerhalb des ersten Quartals 2025 vorliegen. "Verzögerungen gab und gibt es auch, weil einige Bundesländer jetzt noch sehr spät Änderungen an den Berechnungsmethoden vorgenommen haben oder dies planen", sagt Sibylle Barent von Haus & Grund gegenüber tagesschau.de.

Wie lautet die Kritik?

Viel Kritik gibt es daran, dass Bescheid oft zu spät kommen, um sich als Hauseigentümer rechtzeitig auf die neue Steuer einstellen zu können. "Problematisch ist, dass viele Eigentümer noch nicht wissen, was auf sie finanziell zukommt und sie daher überrascht werden könnten", sagt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler. Sie rät: In den Fällen, bei denen die Bescheide spät erlassen werden oder die neue Grundsteuer besonders hoch ist, sollten die Eigentümer bei der Gemeinde eine Ratenzahlung beantragen.

Stehen die Hebesätze überall fest?

Nicht in allen Gemeinden stehen die Hebesätze für das neue Jahr fest. In wie vielen Städten und Gemeinden der Beschluss noch aussteht, ist unklar. Fast täglich verkünden neue Kommunen ihre festgelegten Hebesätze. Laut Haus & Grund haben etwa zwei Drittel der Hausbesitzer bislang noch keinen Grundsteuerbescheid erhalten - entweder weil es noch keinen Hebesatz gibt oder weil die Bescheide noch nicht verschickt wurden.

Was ist der Hebesatz?
Im Zusammenhang mit der Grundsteuer beschließen Kommunen in der Regel einen Hebesatz. Es handelt sich dabei um eine Prozentzahl, deren Höhe Städte und Gemeinden selbst festlegen. Der Hebesatz gilt für alle Grundstücke und Gebäude einer Kommune. Deren Eigentümer können auch außerhalb einer Kommune wohnen. Der sogenannte Grundsteuermessbetrag wird vom Finanzamt in Euro festgesetzt. Dort spiegelt sich der steuerliche Wert von Gebäuden und Grundstücken wider. Wer den Hebesatz mit dem Grundsteuermessbetrag multipliziert und anschließend durch 100 teilt, erhält für die meisten Bundesländer die individuelle, jährliche Grundsteuer.

Bis wann dürfen die Hebesätze festgelegt werden?

Rechtlich gesehen haben die Städte und Gemeinden noch bis zum 30. Juni 2025 Zeit, ihren Hebesatz festzulegen. Dieser gilt dann rückwirkend für das gesamte Jahr 2025.

Viele Kommunen haben ihre Grundsteuerbescheide auch in den vergangenen Jahren erst im neuen Jahr verschickt. Oft kamen diese gemeinsam mit anderen Gebührenbescheiden, etwa für Abfall und Abwasser. Genau darauf berufen sich einige Städte nun.

Wann ist die Grundsteuer zu zahlen?

Die Grundsteuer wird von der zuständigen Kommune jeweils im Voraus für ein ganzes Kalenderjahr festgesetzt. Sie wird in den meisten Städten und Kommunen auf vier Zahlungstermine aufgeteilt. Ein Viertel der Grundsteuer ist also jeweils zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu bezahlen. Vorauszahlungen für das gesamte Jahr sind ebenfalls möglich. 

Grundsätzlich gilt aber der Zahlungstermin, der im Bescheid steht. In Hamburg etwa wurde der Zahlungstermin verschoben und langfristig verändert. Dort soll die Grundsteuer künftig in zwei Teilen zum 15. Mai und zum 15. November fällig werden. Es ist durchaus möglich, dass auch andere Städte und Gemeinden die Zahlungstermine noch anpassen, weil es sonst zu knapp wird.

Was gilt bei Daueraufträgen?

Wie der Bund der Steuerzahler gegenüber tagesschau.de sagt, sollten Hausbesitzer die Grundsteuer erst dann bezahlen, wenn ihnen der Bescheid für 2025 vorliegt. Einige Kommunen weisen schon darauf hin, dass die alte Grundsteuer nicht gezahlt werden soll – wegen der dann nötigen Rückrechnungen und des Verwaltungsaufwands. Daueraufträge für die bisherige Grundsteuer sollten daher gelöscht oder ausgesetzt werden, bis ein neuer Bescheid vorliegt. Lastschriften sollen von der Kommune zunächst nicht ausgeführt werden. Sobald ein neuer Bescheid vorliegt, muss aber natürlich gezahlt werden.

Was müssen Eigentümer sonst noch beachten?

Haus & Grund rät, den Bescheid samt Zahlung in jedem Fall nochmal zu überprüfen. Dazu sei es wichtig, den Grundsteuer-Wertbescheid zur Hand zu nehmen und diesen mit dem Grundsteuerbescheid zu vergleichen. Stimmen die Angaben zur Immobilie und zum Wert überein? Wurde der aktuelle Hebesatz zugrunde gelegt? Diesen erfährt man auf den Internetseiten der Gemeinden, in den lokalen Medien oder durch einen Anruf bei der Kommune.

Sollte man rechtlich gegen den Bescheid vorgehen?

Theoretisch ist ein rechtliches Vorgehen gegen den Grundsteuerbescheid möglich. Der Bescheid kann per Widerspruch angefochten werden. "Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der wirksamen Bekanntgabe des Grundsteuerbescheids", sagt Steuerrechtsanwalt Casper J. Freter.

Haus & Grund rät allerdings eher von einem Widerspruch ab, solange alle Daten stimmen. "Denn ein Widerspruch kann nur noch Fehler in der Berechnung monieren." Auch wenn die Bewertung strittig sei, müsse gezahlt werden, da ein Einspruch gegen die Bewertung nicht von der Zahlungspflicht befreie. "Hinzu kommt: Ein Widerspruch gegen den Zahlbescheid kostet Gebühren", so die Expertin Barent von Haus & Grund.

Welche Bedeutung hat die Grundsteuer für den Staat?

Die Einnahmen, die durch die Grundsteuer eingenommen werden, fließen den Städten und Gemeinden zu. Laut Bundesfinanzministerium geht es derzeit um über 15 Milliarden Euro jährlich. Somit zählt die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden. "Diese Mittel benötigen die Gemeinden, um damit Schulen, Kitas, Schwimmbäder oder Büchereien zu finanzieren und wichtige Investitionen in die örtliche Infrastruktur wie Straßen, Radwege oder Brücken vorzunehmen", heißt es dazu.

Verlangen die Kommunen mehr oder weniger?

Das ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Die Kommunen selbst können die Höhe des Hebesatzes für die Grundsteuer festlegen. Das Bundesfinanzministerium hat den Kommunen im Vorfeld geraten, mit der neuen Grundsteuerreform nicht mehr Geld einzunehmen als vorher. Das ist gemeint mit dem Begriff der "Aufkommensneutralität", der in dem Zusammenhang oft fällt. Während in einigen Kommunen die Eigentümer weniger als zuvor bezahlen, werden Eigentümer in anderen Kommunen deutlich stärker zur Kasse gebeten.

Wie kann das sein?

Der Hessische Städte- und Gemeindebund etwa gab im Dezember bekannt, dass er in etlichen Kommunen mit höheren Grundsteuern rechnet. Viele Gemeinden hätten "erhebliche Probleme, ausgeglichene Haushalte zu planen. Daher werden zahlreiche Kommunen zusätzliche Mittel per Grundsteuer einsammeln müssen", sagte Geschäftsführer David Rauber.

"Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass die Finanzsituation der Kommunen äußerst schwierig ist und die Gemeinden gesetzlich dazu verpflichtet sind, ihre Haushalte auszugleichen", sagt Alexander Handschuh vom Deutschen Städte- und Gemeindebund gegenüber tagesschau.de. Reichen die Finanzmittel zur Erfüllung ihrer aktuellen Aufgaben nicht aus, müsse auch über angemessene Steuererhöhungen nachgedacht werden. "Keine Stadt oder Gemeinde wird Steuererhöhungen allerdings leichtfertig beschließen", so Handschuh.

Können Kommunen den Hebesatz nach Gutdünken erhöhen?

Städte und Gemeinden können die Hebesätze erhöhen, allerdings nicht willkürlich. Bei der Aufkommensneutralität handelt es sich um eine Empfehlung des Bundes. Es geht dabei darum, die Steuerpflichtigen nicht übermäßig zu belasten und ihre Vermögensverhältnisse nicht grundlegend zu beeinträchtigen. "Die Grundsteuer darf also nicht zu einer Erdrosselungssteuer werden", teilt das Bundesfinanzministerium dazu mit. Darüber hinaus gilt in einem Rechtsstaat das Willkürverbot. Den Gemeinden werden bei einer Erhöhung der Hebesätze insoweit also verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt.