
Privates Ärzteteam vor Gericht Prozess um Tod von Diego Maradona beginnt
Schwer angeschlagen starb im November 2020 Argentiniens Fußball-Idol Diego Maradona. Heute beginnt der Prozess, der die Todesumstände aufklären soll. Angeklagt ist Maradonas privates Ärzteteam.
Auch fast fünf Jahre nach seinem Tod wird die Fußball-Legende Diego Maradona in seiner Heimat Argentinien noch immer verehrt. Seine Tore, seine Frauengeschichten, sein exzessives Leben - alles legendär. Obwohl er in seinen letzten Lebensjahren nicht mehr der strahlende Volksheld war.
Er litt an Depressionen und den Folgen seiner jahrzehntelangen Alkohol- und Kokainsucht. Er hatte Übergewicht und Bluthochdruck.
"Maradona, das war nicht mehr der Maradona, den ich kannte. Er konnte keine zehn Wörter hintereinander sprechen", erinnert sich der TV-Produzent und langjährige Freund Maradonas, Mariano Israelit. "Es war in der Corona-Zeit. Er konnte nicht mal seine Maske selbst anziehen. So hatte ich ihn in mehr als 30 Jahren noch nie erlebt."
Blutgerinnsel in der Lunge
Wenige Wochen vor seinem Tod musste Maradona wegen eines Blutgerinnsels im Hirn operiert werden. Die Genesung verlief zunächst gut. Als er wegen seiner Suchterkrankungen in eine Entzugsklinik verlegt werden sollte, drängte sein privates Team aus Ärzten und Pflegekräften darauf, ihn selbst zu betreuen.
Sie mieteten ein Haus in einem exklusiven Viertel von Buenos Aires, wo sich der 60-Jährige unter ihrer Aufsicht erholen sollte. Am Mittag des 25. November 2020 fanden sie ihn leblos in seinem Bett. Später stellten die Ärzte fest, dass ein Blutgerinnsel in der Lunge aufgrund einer schweren Herzschwäche die Todesursache war.
Der Vorwurf lautet auf fahrlässige Tötung
Hätte Maradona überlebt, wenn seine medizinischen Betreuer schneller eingegriffen hätten? Die acht Mitglieder des Teams, unter ihnen auch ein Neurochirurg und eine Psychiaterin, müssen sich jetzt vor Gericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen eine leichtsinnige und mangelhafte Behandlung Maradonas vor.
Fernando Burlando, der als Anwalt die Töchter Maradonas vertritt, erhebt schwere Vorwürfe: "Eine Krankenschwester, die zwölf Stunden nicht nach ihrem Patienten schaut, obwohl es ihre Pflicht war. Das Team trug eine Verantwortung, und sie müssen jetzt sagen, warum sie nicht reagiert haben."
Ein Anruf beim Notarzt, und Maradona hätte möglicherweise gerettet werden können, ist der Anwalt überzeugt. "Vieles deutet darauf hin, dass sie wussten, dass Diego so enden könnte."
Sorge um lukrativen Job?
Audionachrichten, die an die Öffentlichkeit gelangten, deuten darauf hin, dass die Ärzte und Pflegekräfte sehr wohl wussten, dass Maradonas Zustand kritisch war. Hatten sie Sorge, einen lukrativen Job bei ihrem prominenten Patienten zu verlieren, wenn sie Entscheidungen gegen seinen Willen getroffen hätten?
Vadim Mischanchuk, der einen der Angeklagten vertritt, wies das im argentinischen Fernsehen zurück. "Unbestritten starb Maradona an Herzversagen. Aber wir wissen nicht, ob es Warnhinweise gab oder ob der Tod plötzlich im Schlaf kam. Wir wissen auch nicht, ob er vorher wieder Drogen genommen hatte."
All das könne die Staatsanwaltschaft trotz intensiver Ermittlungen nicht mit Sicherheit ausschließen oder nachweisen. "Deswegen bin ich überzeugt, dass keiner der Angeklagten strafrechtliche Verantwortung trägt", sagte der Anwalt.
"Sein Tod war wirklich keine Überraschung"
120 Zeugen sollen in dem Verfahren befragt werden, darunter Angehörige, Freunde und frühere Ärzte des Ex-Fußballers sowie Gutachter. Im Falle einer Verurteilung drohen den Angeklagten Haftstrafen zwischen acht und 25 Jahren.
Für die meisten Argentinier spielt der Prozess jedoch keine große Rolle. Krank war Maradona sowieso, sagen sie. Und ein Volksheld wird er für sie immer bleiben. "Keiner glaubt ernsthaft, dass man ihn sterben ließ", sagt ein Mann, der auf der Straße nach Maradona befragt wird. "Das musste halt einfach irgendwann so kommen bei dem Leben, das er geführt hat. Sein Tod war wirklich keine Überraschung."
"Er hat immer die Kommerzialisierung des Fußballs kritisiert", sagt eine Frau, "und gleichzeitig war er umgeben von Menschen, die Geld mit ihm machten. Und so ist es tragischerweise auch jetzt, nach seinem Tod."