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Von Gaza-Riviera bis Rohstoff-Deal Wie Donald Trump die Welt sieht
Der Gazastreifen als Immobilien-Paradies, die Ukraine als Rohstoff-Zulieferer, Grönland als US-Außenposten. Der Blick auf die Welt durch die Augen von US-Präsident Trump ist für viele verstörend und bizarr. Ein Erklärungsversuch.
Donald Trump hat die Welt bereits mit so vielen Vorstößen überrascht, dass man schon mit dem Aufzählen kaum hinterher kommt - und sich auch US-Experten mit Erklärungsversuchen schwer tun: Grönland kaufen, den Gaza-Streifen zur Riviera machen, Selenskyj einen Diktator nennen, und vieles mehr.
Eines der jüngsten Zeugnisse dafür ist ein auf den Social-Media-Kanälen des Präsidenten geteiltes, 33 Sekunden langes Video. Offensichtlich mit künstlicher Intelligenz geschaffen, zeigt "Gaza 2025 What's Next?" zu Beginn Kinder auf einer mit Trümmern übersäten Straße, die aus einem Tunnel heraus auf einen Strand mit Palmen, Wolkenkratzern und Segeljachten führt. Auch eine goldene Trump-Statue, der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu und Trump, die in Badehosen Cocktails schlürfen, oder Milliardär Elon Musk sind darin zu sehen.
Es scheint den umstrittenen Vorstoß des US-Präsidenten von Anfang Februar in Bilder zu verwandeln: Trump hatte mit seinem Vorschlag, die USA könnten die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen und die palästinensische Bevölkerung könne umgesiedelt werden, massive Kritik ausgelöst.
Trump bevorzugt Autokraten
Stephen Walt, Professor für Internationale Beziehungen an der Harvard University, beschreibt Trumps Weltbild so: "Er ist ein leidenschaftlicher Nationalist, er fühlt sich mit autokratischen Staatschefs viel wohler als mit Regierungschefs liberaler Demokratien - also mit Wladimir Putin, Xi Jinping, Viktor Orban, Mohammed bin Salman aus Saudi-Arabien", so Walt im Radiosender NPR.
"Für Trump würde die perfekte Welt so aussehen, dass sich mächtige Anführer treffen, Deals aushandeln und diese anderen aufzwingen, ohne allzu sehr rechtsstaatliche Prinzipien zu beachten", führt Walt aus.
Politik wie Immobilien-Deals
Die New-York-Times-Journalistin Maggie Haberman hat in ihrer Trump-Biographie mit dem Titel "Täuschung" das Handlungsprinzip so beschrieben: Trump mache Politik, als bewege er sich immer noch in der gnadenlosen Welt der Immobilien-Deals im New York der 1980er-Jahre - nur auf den eigenen wirtschaftlichen Vorteil fixiert.
Trumps Kosmos ist die Welt des Stärkeren, sagt auch Richard Haass, viele Jahre Chef der Denkfabrik Council on Foreign Relations: "Eine Welt, in der Großmächte, einschließlich der USA, Sonderrechte haben - Sonderrechte, über das Schicksal anderer zu entscheiden, sich mehr oder weniger zu nehmen, was sie wollen", so Haass bei NPR.
Noch sei vieles nicht endgültig, aber für die USA treffe das zumindest auf den eigenen Kontinent zu - beim Panama-Kanal, gegenüber Kanada und Mexiko. Und es scheine bei Trump "die Bereitschaft zu geben, Russland mehr Einfluss in Europa zuzugestehen", sagt Haass.
"Er will Lastenteilung"
Doch was ist mit einem ganz anderen Blick auf die Dinge? Ist etwa Donald Trump ein Wladimir-Putin-Fan? Keineswegs, sagt Kenneth Weinstein von der Denkfabrik Hudson Institute im ARD-Interview: "Was Präsident Trump derzeit versucht, ist Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu bringen." Sein Ziel sei sehr einfach: "Er will den Krieg beenden. Und er will eine Lastenteilung, was den Schutz eines Friedens zwischen Russland und der Ukraine angeht."
Damit sind die Europäer gemeint, etwa Emmanuel Macron und Keir Starmer mit ihrem französisch-britischen Vorstoß zu europäischen Friedenstruppen. Gemeint ist aber auch Friedrich Merz, sobald er eine Koalition bilden konnte und zum Kanzler wurde.
Ex-Sicherheitsberaterin: Europäer lassen NATO im Stich
Victoria Coates, in Trumps erster Amtszeit stellvertretende Nationale Sicherheitsberaterin, betont: Wenn allein in dieser Woche drei Europäer - Macron, Starmer, Selenskyj - zu Besuch in Washington seien, könne doch niemand sagen, Trump habe die Europäer fallen lassen. Und sie meint, beim letzten NATO-Gipfel hätten alle Mitglieder grundsätzlich schon dem Ziel zugestimmt, 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben.
"Wenn ich mir anschaue, wo die meisten jetzt stehen, muss ich schon fragen, ob es wirklich die Vereinigten Staaten sind, die der NATO den Rücken kehren, oder ob es die anderen NATO-Mitglieder sind“, meint Coates bei NPR.
In diesem Punkt überlappen sich Trump-Kritiker und -befürworter in den USA: Europa muss mehr tun, so die Forderung. Trump-Kritiker Stephen Walt betont allerdings: Eine Werte-Gemeinschaft ist die transatlantische Allianz schon jetzt nicht mehr, bestenfalls Zweck-Bündnis - noch nicht tot, aber auf der Intensivstation, unter "lebenserhaltenden Maßnahmen".