Krieg im Gazastreifen Waffenruhe verzögert sich
Die Waffenruhe im Gazastreifen ist nicht wie geplant am Sonntagmorgen in Kraft getreten. Grund ist die verspätete Übermittlung einer Namensliste der ersten Geiseln, die die Hamas freilassen will. Inzwischen hat Israel die Liste erhalten.
Eigentlich hätte am Sonntagmorgen um 7.30 Uhr deutscher Zeit die zwischen Israel und der Hamas vereinbarte Waffenruhe im Gazastreifen in Kraft treten sollen. Doch der Beginn verzögert sich, wofür Israel die Terrormiliz verantwortlich macht.
Bis zum Zeitpunkt, an dem die Waffenruhe in Kraft treten sollte, hatte Israel noch keine Liste mit den Namen der ersten Geiseln erhalten, die die Hamas freilassen will. Im Abkommen zwischen Israel und der Hamas war jedoch vereinbart worden, dass die Hamas diesen Namen 24 Stunden vor Beginn der Waffenruhe bekannt gibt. Solange eine solche Liste nicht vorliege, werde die Waffenruhe nicht beginnen und das israelische Militär seinen Einsatz im Gazastreifen fortsetzen, betonte der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari. Auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte die Namensliste am frühen Sonntagmorgen nochmals zur Bedingung für eine Waffenruhe gemacht.
Inzwischen hat Israel die Liste erhalten, wie das Büro von Netanjahu bestätigte. Sie beinhalte die drei Namen der Geiseln, die noch im Laufe des Tages freikommen sollen. Israelische Medien hatten zuvor berichtet, es handele sich um drei aus Israel entführte Zivilistinnen. Die Verzögerung bei der Übermittlung der Namensliste begründete die Hamas mit technischen Problemen.
Auch erste palästinensische Häftlinge sollen freikommen
Im am Mittwoch vereinbarten Abkommen über eine Waffenruhe ist vorgesehen, dass die Hamas während der sechswöchigen Waffenruhe insgesamt 33 israelische Geiseln freilassen will. Israel sagte im Gegenzug zu, Hunderte palästinensische Häftlinge freizulassen. Am Samstag veröffentlichte das israelische Justizministerium eine Liste mit den Namen der ersten 95 Häftlinge, die ebenfalls noch am Sonntag freikommen sollten - die meisten von ihnen sind Frauen.
Zu der Zahl der Häftlinge, die während der sechswöchigen Waffenruhe insgesamt freikommen sollen, gibt es bisher unterschiedliche Angaben. Israel nannte am Freitag die Zahl von 737 freikommenden Häftlingen, Ägypten am Samstag die Zahl von mehr als 1.890.
Erneute Angriffe im Gazastreifen
Bereits kurz nach der Bekanntgabe des israelischen Militärs über die Verzögerung des Beginns der Waffenruhe gab es weitere Angriffe der Armee auf Ziele im Gazastreifen. Das Militär attackierte den östlichen und zentralen Gazastreifen. Der palästinensische Zivilschutz, der von der Hamas kontrolliert wird, gab an, dass bei den Angriffen mehrere Menschen getötet worden seien. In der Stadt Gaza habe es mindestens fünf Todesopfer gegeben. Die Angaben können nicht unabhängig geprüft werden.
Bereits am Samstag hatte Netanjahu eindringlich gewarnt, Israel sei bereit, die Kämpfe jederzeit wieder aufzunehmen, sollte die Hamas gegen die Vereinbarungen verstoßen oder sich die Waffenruhe als sinnlos erweisen. Er habe dafür den Rückhalt des designierten US-Präsidenten Donald Trump wie auch seines Vorgängers Joe Biden.
"Falls wir zum Kampf zurückkehren müssen, werden wir das auf neue, energische Weise tun", hatte Netanjahu in einer Videoansprache gedroht. "Präsident Trump und Präsident Biden unterstützen vollständig Israels Recht, in den Kampf zurückzukehren, falls Israel zu dem Schluss kommt, dass die Verhandlungen über Phase B aussichtslos sind."
Netanjahu innenpolitisch unter Druck
Mit seiner Zustimmung zum Abkommen mit der Hamas ist Netanjahu innenpolitisch unter noch größeren Druck geraten. Am Sonntag gab der echtsextreme Polizei- und Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir bekannt, er werde aus der Koalition mit Netanjahus Likud-Partei aussteigen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters traten auch zwei weitere Minister, die ebenso wie Ben-Gvir dem nationalreligiösen Lager angehören, von ihrem Posten zurück.
Ben-Gvir hatte bereits mehrfach mit dem Koalitionsbruch gedroht, zugleich aber auch betont, er wolle Netanjahu nicht stürzen. Dieser wird zwar auch ohne Ben-Gvir und dessen Abgeordnete eine Mehrheit im Parlament haben. Das könnte sich allerdings ändern, sollten weitere Parteien Ben-Gvirs Beispiel folgen.