
Künast-Klage gegen Meta-Konzern Was muss Facebook alles aufspüren - und löschen?
Der Bundesgerichtshof verhandelt heute im Rechtsstreit der Grünen-Politikerin Künast mit dem Facebook-Konzern Meta. Dabei geht es um ein Falschzitat, das zusammen mit ihrem Bild als Meme verbreitet wurde.
Das Internet kann ein raues Pflaster sein: In den Sozialen Medien werden jeden Tag viele Menschen Opfer von Herabwürdigungen und Hass in Form von strafbaren Beleidigungen und Verleumdungen.
Eine, der das schon öfters passiert ist, ist die Grünen-Politikerin Renate Künast. Sie ist bereits bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, weil sie auf Facebook als "Schlampe", "Pädophilen-Trulla" und "krank" beschimpft wurde.
Künast kämpft gegen ein Falschzitat
Nun kämpft sie wieder vor Gericht, und zwar gegen den Facebook-Mutterkonzern Meta. Dieses Mal geht es um ein Meme, also eine Wort-Bild-Kombination. Seit Jahren kursiert es auf Facebook. Darin wird Künast ein falsches Zitat untergeschoben: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!" Das hat Künast nie gesagt.
Solche Falschzitate machen der Politikerin Sorgen: Ihr Kapital sei genauso wie bei Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, dass sie glaubwürdig sei. "Dazu darf es keine falschen Zitate von mir im Umlauf geben", so Künast im Laufe des Verfahrens.
Meme wird massenhaft geteilt
Künast hat Facebook auf das Meme mit dem Falschzitat aufmerksam gemacht und auch belegt, dass sie das so nicht gesagt hat. Daraufhin hat Facebook das gemeldete Meme gelöscht. Das Problem: Das Meme wurde sehr schnell weiterverbreitet und so lebt das Falschzitat im Netz weiter.
Jede einzelne Kopie, jeden Repost an Facebook zu melden, um eine Löschung zu erreichen, sei eine Lebensaufgabe, argumentiert HateAid, eine NGO, die Künast in ihrem Kampf gegen Meta unterstützt. Deshalb hat die Politikerin Meta verklagt: Sie möchte, dass der Konzern selbst nach Kopien sucht, nachdem einmal festgestellt wurde, dass es sich um ein Falschzitat handelt.
Erfolg am Oberlandesgericht
Künast und ihr Anwalt Chan-jo Jun finden, dass es ausreichen sollte, einen rechtswidrigen Inhalt nur einmal zu melden. Dann müsse Facebook dadurch automatisch verpflichtet werden, alle Posts mit identischem oder "kerngleichem" Inhalt zu löschen. Kerngleich, damit seien leicht abgewandelte aber in der Aussage gleiche Memes gemeint.
Für Facebook sei das Durchsuchen des eigenen Netzwerks mit technischen Mitteln schnell und unproblematisch möglich. Für einen Einzelnen wie Renate Künast sei es hingegen fast unmöglich. Deshalb lebe die Falschbehauptung im Netz einfach weiter, wenn Facebook nicht nach gleichen Inhalten suche. Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt hatten Künast und ihr Anwalt Jun mit dieser Klage Erfolg.
Meta legt Revision zum Bundesgerichtshof ein
Der US-Konzern Meta wehrte sich gegen die Klage von Anfang an. Gegen das Urteil vom Oberlandesgericht legte er Revision ein. Meta sei nicht verantwortlich für die Posts der Facebook-Nutzer und hafte nach dem Gesetz nur dann, wenn er konkret auf ein Falschzitat hingewiesen werde. Nur diesen Beitrag müsse Facebook dann löschen.
Außerdem sei es kaum möglich, solche Datenmengen nach inhaltsgleichen Beiträgen zu durchsuchen und einzuschätzen, ob die nun identisch oder "kerngleich" seien und deshalb gelöscht werden müssen oder nicht. Dafür bräuchte es eine händische Überprüfung von Facebook-Mitarbeitern.
Urteil könnte weitreichende Folgen haben
Nun verhandeln die höchsten Zivilrichter am Bundesgerichtshof die Sache. Rechtsanwalt Chan-jo Jun hofft, dass ein Urteil nicht nur Künast zugutekommt: "Was wir uns für die Zukunft wünschen, ist, dass Facebook auf eine Meldung hin sämtliche rechtswidrigen Inhalte, die identisch sind mit der Meldung, entfernt. Und zwar nicht nur für Politiker, sondern für alle Opfer von Hasskriminalität."
Der BGH kündigte in seiner Pressemitteilung an, dass auch Europarecht, insbesondere der neue Digital Services Act (DSA) eine Rolle spielen könnte. Gibt das Gericht Künast Recht, dann können sich auch andere Betroffene von Beleidigungen und Verleumdungen im Internet auf dieses Urteil berufen.
Az. VI ZR 64/24