Streit über Asylpolitik Scholz hält Migrationsbeschlüsse vor Wahl für möglich
In gut zwei Wochen ist Bundestagswahl - und Kanzler Scholz hält gemeinsame Beschlüsse zur Migrationspolitik noch zuvor für möglich. CDU-Chef Merz bekräftigte, trotz der Demonstrationen an seinem Kurs festhalten zu wollen.
Im Streit über eine Verschärfung der deutschen Migrationspolitik hält Bundeskanzler Olaf Scholz Beschlüsse noch vor der Bundestagswahl für möglich. "Meine Hand ist ausgestreckt für gemeinsame Lösungen", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Der Union warf er vor, entsprechende Gesetze blockiert zu haben.
Vorlagen zur Umsetzung des Europäischen Asylsystems (GEAS), zu erweiterten Befugnissen der Sicherheitsbehörden und einer Reform des Bundespolizeigesetzes lägen "beschlussreif im Bundestag", sagte Scholz. Sie könnten ihm zufolge noch vor der Bundestagswahl in der nächsten Sitzungswoche beschlossen werden. Klar sei: "Jede Einigung muss rechtlich tragfähig sein und aus der demokratischen Mitte heraus beschlossen werden", betonte Scholz.
"Einen Konsens gebrochen"
Der Kanzler äußerte sich mit Blick auf CDU-Chef Friedrich Merz, der bei seine Migrationsplänen im Bundestag in Kauf nahm, diese mithilfe der AfD durchzusetzen. Die von der Union initiierten Abstimmungen haben seit Tagen Demonstrationen zur Folge.
Für die Proteste zeigt Scholz Verständnis. "In der Sache" hätten Merz und die Union "einen Konsens gebrochen, der in der deutschen Nachkriegsdemokratie bisher immer getragen hat: Keine Zusammenarbeit mit den extremen Rechten". Wer so einen "heftigen Tabubruch" begehe, könne "nicht erwarten, dass ihm das nicht vorgehalten wird", sagte der Kanzler. "Und natürlich stellen sich viele Bürgerinnen und Bürger mit Blick auf Herrn Merz jetzt die Frage: Kann man ihm noch trauen?"
Merz: "Lassen uns nicht von Kurs abbringen"
Merz hatte zuvor erklärt, trotz der Proteste an seinem Kurs festhalten zu wollen. "Ich nehme das ernst. Aber als letzte verbliebene Volkspartei lassen wir uns durch Demonstranten nicht von unserem Kurs abbringen", sagte er der Funke Mediengruppe. Die große Mehrheit der Deutschen halte den Kurs der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik für richtig.
Darauf angesprochen, ob das Agieren der Union mögliche Koalitionsgespräche erschweren könnte, sagte Merz: "Ich bin mir sicher, dass SPD und Grüne spätestens nach dem Wahltag offener für unseren Kurs sein werden."
Er sehe mit großem Interesse, dass Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck ein eigenes Zehn-Punkte-Programm zur Migration vorgeschlagen habe. "Die SPD lädt uns zu Gesprächen ein. Offensichtlich setzt bei den Grünen und auch bei der SPD die Erkenntnis ein, dass es nicht so bleiben kann, wie es ist", sagte Merz. Er erneuerte seine Aussage, nicht mit der AfD zusammenarbeiten zu wollen.
Merkel fordert Gespräche statt Streit
Unterdessen rief Altkanzlerin Angela Merkel die Parteien dazu auf, Gespräche statt erbitterten Streit zu suchen. Nach der Wahl müsse "wieder ein Zustand gefunden werden, in dem später auch wieder Kompromisse zu finden sind", so die CDU-Politikerin. "Ich hoffe, dass das möglich ist."
Nach den Vorgängen im Bundestag in der vergangenen Woche sei bei den demokratischen Parteien eine Polarisierung eingetreten, sagte Merkel im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung Die Zeit. Es sehe momentan nicht danach aus, dass eine politische Gruppierung bei der Wahl die absolute Mehrheit bekommen werde. "Das heißt, man wird miteinander unter den demokratischen Parteien auch wieder reden müssen."