"Heute Warnstreik" steht auf einem verdi-Plakat am Flughafen Hamburg.

Neue Warnstreiks Hunderte Flüge fallen aus, Pakete bleiben liegen

Stand: 27.02.2025 12:05 Uhr

Am Flughafen München sind wegen des Warnstreiks im öffentlichen Dienst die meisten Flüge ausgefallen. In Hamburg konnten Containerschiffe den Hafen nicht mehr anlaufen. Zudem dürften zahlreiche Briefe und Pakete erst verspätet eintreffen.

Um den Druck im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen zu erhöhen, hat die Gewerkschaft ver.di Beschäftigte an den Flughäfen München und Hamburg zu zweitägigen Warnstreiks aufgerufen. Auch andernorts kommt es wieder zeitweise zu Arbeitsniederlegungen: in Essen bei den Entsorgungsbetrieben, in Erfurt in Kliniken, in Hamburg bei der Stadtreinigung, im Hafen und bei städtischen Behörden.

München: 80 Prozent der Flüge gestrichen

In München haben die Fluggesellschaften 80 Prozent der für heute und morgen geplanten Flüge gestrichen. Darüber informierte die Flughafengesellschaft FMG die Passagiere auf ihrer Webseite. Auch ein Flughafensprecher bestätigte am Morgen, dass die Flüge weiterhin gestrichen sind. Schon vor dem Beginn des Warnstreiks gestern Abend hatte es Annullierungen gegeben.

Für heute und morgen waren am zweitgrößten deutschen Flughafen jeweils rund 830 Starts und Landungen geplant. In absoluten Zahlen entspricht eine Streichung von 80 Prozent der Flüge, dass an beiden Tagen voraussichtlich über 1.300 Maschinen nicht wie vorgesehen starten oder landen werden. Diese Zahl könnte sich jedoch noch erhöhen: "Weitere Annullierungen sind nicht ausgeschlossen", schrieb der Flughafen. 

Der Warnstreik soll am Freitag um 24.00 Uhr enden. Der Samstag ist der erste Tag der bayerischen Faschingsferien. Die Lufthansa will die betroffenen Passagiere kontaktieren und bietet kostenlose Umbuchung oder Stornierung an. Nach Angaben des Flughafenverbands ADV können wegen der Warnstreiks in dieser Woche knapp 300.000 Passagiere ihre Reise nicht antreten. "Zweitägige Streiks, die deutsche Metropolregionen vom internationalen Luftverkehr abschneiden, haben längst nichts mehr mit Warnstreiks zu tun", teilte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel mit.

Auch Hamburger Flughafen betroffen

Am Hamburger Flughafen sollte der Warnstreik vor der Nachtschicht am Mittwoch beginnen und bis zum Ende der Spätschicht am Freitag andauern. Betroffen sind demnach Beschäftigte der Flughafen GmbH, aber auch die der Instandhaltung, der IT-Dienste, der Flughafensicherheitsdienste, der Passagierabfertigung und der Gepäckbeförderung.

Die Auswirkungen waren am Morgen zu spüren - wenn auch nicht so ausgeprägt. Der Flugbetrieb sei trotz des Ausstandes einiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie geplant angelaufen, sagte ein Flughafen-Sprecher. "Gestrichen sind weiterhin nur die Flüge von und nach München aufgrund des dort stattfindenden Streiks." Fluggästen wird empfohlen, sich frühzeitig über ihren Flug zu informieren, eher am Flughafen zu sein und am besten nur mit Handgepäck zu reisen.

Die Fluggesellschaften sind an der laufenden Tarifrunde im öffentlichen Dienst gar nicht beteiligt, werden nun jedoch in Mitleidenschaft gezogen. Ver.di hat die im öffentlichen Dienst beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Flughafens sowie die Bodenverkehrsdienste zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Die Gewerkschaft fordert eine Anhebung der Löhne um acht Prozent, mindestens aber 350 Euro pro Monat. Außerdem verlangt ver.di drei zusätzliche freie Tage für die Beschäftigten.

"Es fährt kein Schiff"

In Hamburg hat der Warnstreik dieses Mal unter anderem auch Auswirkungen auf die Fährlinien der Stadt und die Stadtreinigung. "Es fährt kein Schiff. Wir rechnen auch damit, dass über den ganzen Tag hinweg kein Fährbetrieb aufgenommen werden kann", sagte ein ver.di-Sprecher der dpa. Zudem legten die Arbeitsniederlegungen den Containerschiffsverkehr auf der Elbe am Vormittag lahm. Weil auch der sogenannte Lotsenversetzdienst streike, könnten lotsenpflichtige Schiffe den Hafen nicht mehr anlaufen oder verlassen, sagte ein Sprecher der Hamburger Port Authority (HPA) der Deutschen Presse-Agentur.

Ohne den Lotsenversetzdienst kommen die Lotsen nicht an Bord der Schiffe - ohne Lotsen dürfen die Containerschiffe aber nicht den Hamburger Hafen passieren. Schiffe, die keine Lotsen brauchen, können den Angaben zufolge den Hafen wie gewohnt erreichen und verlassen. Der hafeninterne Verkehr findet demzufolge ebenfalls statt. Für Notfälle sei mit der Gewerkschaft eine Notdienstvereinbarung getroffen worden. Von dem Streik sind der HPA zufolge im Hamburger Hafen auch Sperrwerke, Schleusen und bewegliche Brücken im HPA-Zuständigkeitsbereich betroffen.

Ver.di zufolge sind deshalb bereits seit gestern Abend keine Containerschiffe mehr im Hamburger Hafen unterwegs. Das werde auf jeden Fall den gesamten Tag über so bleiben, sagte eine Sprecherin. Wie viele Schiffe von dem Ausstand betroffen sein werden und deshalb in der Nordsee warten müssen, konnte sie nicht sagen. Der HPA zufolge soll der Verkehr von Freitagmorgen an wieder möglich sein - sofern es zu keiner Verlängerung des Warnstreikes komme.

Die Stadtreinigung wird derweil bis einschließlich Montag bestreikt. Hier dürften die Auswirkungen deutlich spürbar sein. Ver.di hat unter zudem Beschäftigte der Theater sowie der Bundesagentur für Arbeit für heute zum Warnstreik aufgerufen. Darüber hinaus sollen sich Beschäftigte der Bezirksämter und Fachbehörden anschließen.

Neue Post-Streiks an ausgewählten Standorten

Auch im Tarifstreit bei der Deutschen Post erhöht ver.di mit ausgeweiteten Warnstreiks den Druck auf den Bonner Konzern. Die Gewerkschaft rief heute bundesweit die Postbeschäftigten in der Brief-, Paket- und Verbundzustellung an ausgewählten Standorten sowie in Service-Niederlassungen zu vollschichtigen Arbeitsniederlegungen auf.

"Das Angebot, das die Arbeitgeber in der dritten Verhandlungsrunde vorgelegt haben, ist völlig unzureichend", sagte Andrea Kocsis, stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführerin. "Bei Annahme würde es spürbare Reallohn-Einbußen für die Beschäftigten bedeuten." In der vierten Verhandlungsrunde in der kommenden Woche müsse ein verbessertes Angebot auf den Tisch kommen, das einigungsfähig sei.

Verhandlungen gehen am Montag weiter

Die Gewerkschaft hatte bereits für die Nacht von Dienstag auf Mittwoch zu Warnstreiks aufgerufen. Beschäftigte in den Paketzentren legten in den Spät- und Nachtschichten bis Mittwochmorgen die Arbeit nieder. Von den Warnstreiks seien bundesweit rund zehn Prozent der durchschnittlichen Tagesmenge an Briefsendungen betroffen, teilte die Post mit. Im Paketbereich seien es rund 25 Prozent. Rund 3.300 Beschäftigte hätten sich an den Protesten beteiligt. Damit dürften allein beim Brief Millionen von Sendungen betroffen gewesen sein - denn der Konzern befördert an normalen Werktagen über 40 Millionen Briefe.

Ver.di fordert für die rund 170.000 Tarifbeschäftigten der Deutschen Post sieben Prozent mehr Lohn. Zudem will die Gewerkschaft mit Verweis auf eine steigende Arbeitsbelastung drei Tage mehr Urlaub durchsetzen. Verdi-Mitglieder sollen einen zusätzlichen Tag erhalten. Die Post klagt dagegen über zu hohe Kosten im deutschen Brief- und Paketgeschäft. Am Rosenmontag sollen die Gespräche nun fortgesetzt werden. Sie sind auf zwei Tage angesetzt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Februar 2025 um 08:00 Uhr.