Finanzielle Lage der Bauern Wie steht es um Deutschlands Landwirte?
Sind die Klagen der Landwirte in Deutschland berechtigt? Wirtschaftlich stand die Branche zuletzt gar nicht so schlecht da. Doch die Rahmenbedingungen für die Betriebe bleiben herausfordernd.
Wie ist die wirtschaftliche Lage der Bauern?
Insgesamt stand die Branche zuletzt nach mehreren schwierigen Jahren recht gut da. Laut dem Deutschen Bauernverband (DBV) haben die Betriebe im vergangenen Wirtschaftsjahr 2022/23 Rekordergebnisse erzielt. So hätten die Haupterwerbsbetriebe im Schnitt 115.400 Euro erwirtschaftet, ein Plus von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Das ist mit Blick auf vergleichbare Wirtschaftsbereiche außerhalb der Landwirtschaft wie das Fleischer-, Bäcker- oder Konditorenhandwerk nicht übermäßig viel", schränkte der DBV ein. Die Bauern profitierten vor allem von den hohen Preissteigerungen für Nahrungsmittel.
Für das laufende Wirtschaftsjahr 2023/24 ist der Bauernverband schon wieder pessimistischer. Die Betriebe hätten deutlich weniger investiert, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied. "Gerade in der Tierhaltung geht der starke Strukturwandel unvermindert weiter und führt zum Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung." Zudem sinken die Preise für Getreide, Ölsaaten und Milch bereits wieder.
Das deutet auf eine grundsätzliche Besonderheit der Branche hin, nämlich eine vergleichsweise hohe Unsicherheit des geschäftlichen Erfolgs. Dieser hängt einerseits stark von den Wetterbedingungen und der volatilen Preisentwicklung der Produkte wie Getreide, Milch oder Fleisch ab. Der jüngste Höhenflug der Nahrungsmittelpreise etwa hing großteils mit dem Ukraine-Krieg zusammen.
Außerdem bestehen erhebliche Unsicherheiten bezüglich der geltenden staatlichen Regeln. Ein umfassendes politisches Konzept zum Interessenausgleich zwischen Agrarproduzenten, Umwelt und Tierschutz, das Investitionsentscheidungen planbarer machen würde, zeichnet sich bisher weder auf europäischer noch auf Bundesebene ab. Stattdessen müssen Landwirte mit einem Flickenteppich häufig wechselnder Vorgaben und Förderungen umgehen.
Angesichts der großen Unterschiede in den Betriebstypen und Betriebsgrößen sind zudem Durchschnittswerte auf der Ebene der Einzelbetriebe kaum aussagefähig. Ein Ackerbaubetrieb etwa hat ganz andere Voraussetzungen als ein Obstbauer oder ein Viehhalter.
Was bedeutet die geplante Kürzung für Betriebe?
Je nach Spritverbrauch und Größe werden die Betriebe durch die Kürzung der Agrardieselförderung unterschiedlich belastet. Ein Ackerbaubetrieb verbraucht im Schnitt mehr als dreimal so viel Sprit wie ein Obstbauer. Grundsätzlich werden kleinere Betriebe angesichts des tendenziell höheren Spritkostenanteils relativ stärker belastet. Laut Bundesagrarministerium büßt ein Durchschnittsbetrieb, der rund 13.000 Liter Diesel im Jahr tankt, 2024 gut 1.000 Euro an staatlicher Diesel-Hilfe ein. Die Absenkung des Steuernachlasses um 40 Prozent soll nun ab März 2024 greifen. Spürbar wird dies für Bauern überwiegend aber erst 2025, weil sie zunächst den vollen Steuersatz zahlen und die Erstattung erst im nächsten Jahr ausgezahlt wird.
In den Jahren 2025 und 2026 soll der Nachlass aber jeweils um weitere 30 Prozent reduziert werden, sodass es für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen keine Subvention mehr gibt. Bisher bekam ein Durchschnittsbetrieb 2.780 Euro pro Jahr zurück.
Die Kürzung der Diesel-Beihilfen sei für die meisten Betriebe schmerzhaft, aber verschmerzbar, erklärte der Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Halle, Alfons Balmann. Sie bedeuteten Einkommenseinbußen von etwa ein bis drei Prozent. "Was allerdings tiefer steckt, ist die große gesamte Unsicherheit, die in der Landwirtschaft vorhanden ist."
Welche Subventionen gibt es?
Insgesamt macht die nun diskutierte Agrardieselförderung laut Bundesregierung rund sechs Prozent der Gesamtsubventionen für die Landwirtschaft aus. Weitere Subventionen gibt es etwa für Junglandwirte, kleine Betriebe, freiwillige Brachen und ökologische Ausgleichsflächen sowie Prämien für bestimmte Nutztiere. Im Wirtschaftsjahr 2021/22 kamen für solche Zuschüsse rund 37 Prozent von Bund und Ländern. Der Löwenanteil kam mit rund 57 Prozent aus den Fördertöpfen der EU.
Im Wirtschaftsjahr 2021/22 flossen laut Bundesregierung fast 48.000 Euro an Direktsubventionen an einen Durchschnittsbetrieb. Die staatliche Förderung macht also einen erheblichen Anteil der Betriebseinkommen aus. Im Schnitt waren es 45 Prozent, bei den großen Betrieben in den ostdeutschen Ländern fast 50 Prozent.
Insgesamt flossen im vergangenen Jahr rund sechs Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt an deutsche Landwirte. Vom Bund kamen 2,4 Milliarden Euro. Bezogen auf die Gesamtsumme gibt es in Deutschland allein für energieeffiziente Gebäude mehr staatliche Förderung.
Wie wichtig ist die Landwirtschaft volkswirtschaftlich?
Laut dem Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung beschäftigten die 263.500 landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland im Jahr 2020 rund eine Million Menschen. Sie produzierten Waren im Wert von 50 Milliarden Euro. Insbesondere die Ernährungswirtschaft inklusive der vor- und nachgelagerten Bereiche habe eine große Bedeutung für den Arbeitsmarkt, so die Regierung. 2021 seien hier rund 4,4 Millionen Menschen beschäftigt gewesen. Etwa jeder zehnte Arbeitsplatz in Deutschland werde diesem Bereich zugerechnet.
Seit Jahren macht die Branche einen erheblichen Strukturwandel durch. In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Zahl der Betriebe in etwa halbiert. In weit geringerem Umfang ging die landwirtschaftlich genutzte Fläche zurück, auf zuletzt rund 16,6 Millionen Hektar. Damit hat sich der Trend zu größeren Betrieben und zu einer intensiveren Bewirtschaftung der Flächen fortgesetzt. Zugleich hat der Trend hin zu mehr nachhaltiger Produktion den Anteil des ökologischen Landbaus auf knapp zehn Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche steigen lassen.