Krieg in Nahost Waffenruhe im Gazastreifen hat begonnen
Die Waffenruhe im Gazastreifen ist rund drei Stunden später als geplant in Kraft getreten. Ein Streit über eine Liste von Geiseln, die die Hamas freilassen will, hatte für die Verzögerung gesorgt. Noch im Laufe des Tages sollen drei israelische Frauen freikommen.
Die zwischen Israel und der Terrormiliz Hamas vereinbarte Waffenruhe im Gazastreifen hat begonnen. Sie trat um 10.15 Uhr deutscher Zeit in Kraft - drei Stunden später als ursprünglich geplant. Für die Verzögerung macht Israel die Hamas verantwortlich.
Eigentlich hatte die Waffenruhe bereits um 07:30 Uhr in Kraft treten sollen. Doch bis zu diesem Zeitpunkt hatte Israel noch keine Liste mit den Namen der ersten Geiseln erhalten, die die Hamas freilassen will.
Im Abkommen zwischen Israel und der Hamas war jedoch vereinbart worden, dass die Hamas diese Namen 24 Stunden vor Beginn der Waffenruhe bekannt gibt. Solange eine solche Liste nicht vorliege, werde die Waffenruhe nicht beginnen und das israelische Militär seinen Einsatz im Gazastreifen fortsetzen, betonte der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari. Auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte die Namensliste am frühen Sonntagmorgen nochmals zur Bedingung für eine Waffenruhe gemacht.
Drei Frauen sollen freikommen
Inzwischen hat Israel die Liste erhalten, wie das Büro von Netanjahu bestätigte. Sie beinhalte die drei Namen der Geiseln, die noch im Laufe des Tages freikommen sollen. Die Verzögerung bei der Übermittlung der Namensliste begründete die Hamas mit technischen Problemen.
Bei den Geiseln handelt es sich um drei Frauen, wie Madschid al-Ansari, Sprecher des katarischen Außenministeriums, beim Kurznachrichtendienst X mitteilte. Alle drei Frauen besitzen demnach die israelische Staatsbürgerschaft. Eine der Geiseln ist zudem britische, eine andere rumänische Staatsbürgerin. Die Übergabe der Geiseln soll demnach am Sonntagnachmittag erfolgen.
Die Angehörigen von drei Geiseln bestätigten israelischen Medienberichten zufolge, dass die Frauen im Laufe des Tages aus der Gewalt der Hamas freikommen sollen. Es handelt sich bei ihnen um Zivilistinnen im Alter zwischen 24 und 31 Jahren. Auch das Forum der Geiselfamilien bestätigte, dass die drei für die heutige Freilassung vorgesehen seien.
Auch erste palästinensische Häftlinge sollen freikommen
Im am Mittwoch vereinbarten Abkommen über eine Waffenruhe ist vorgesehen, dass die Hamas während der sechswöchigen Waffenruhe insgesamt 33 Geiseln freilassen will. Israel sagte im Gegenzug zu, Hunderte palästinensische Häftlinge freizulassen.
Am Samstag veröffentlichte das israelische Justizministerium eine Liste mit den Namen der ersten 95 Häftlinge, die ebenfalls noch am Sonntag freikommen sollten - die meisten von ihnen sind Frauen. Insgesamt will Israel im Tausch gegen die Geiseln der Hamas etwa 1.900 Häftlinge freilassen.
Erneute Angriffe im Gazastreifen
Bereits kurz nach der Bekanntgabe des israelischen Militärs über die Verzögerung des Beginns der Waffenruhe gab es weitere Angriffe der Armee auf Ziele im Gazastreifen. Das Militär attackierte den östlichen und zentralen Gazastreifen. Der palästinensische Zivilschutz, der von der Hamas kontrolliert wird, gab an, dass bei den Angriffen mehrere Menschen getötet worden seien. Zwischen 07.30 Uhr und dem Beginn der Waffenruhe um 10.15 Uhr habe es mindestens 19 Tote gegeben. Die Angaben können nicht unabhängig geprüft werden.
Bereits am Samstag hatte Netanjahu eindringlich gewarnt, Israel sei bereit, die Kämpfe jederzeit wieder aufzunehmen, sollte die Hamas gegen die Vereinbarungen verstoßen oder sich die Waffenruhe als sinnlos erweisen. Er habe dafür den Rückhalt des designierten US-Präsidenten Donald Trump wie auch seines Vorgängers Joe Biden.
"Falls wir zum Kampf zurückkehren müssen, werden wir das auf neue, energische Weise tun", hatte Netanjahu in einer Videoansprache gedroht. "Präsident Trump und Präsident Biden unterstützen vollständig Israels Recht, in den Kampf zurückzukehren, falls Israel zu dem Schluss kommt, dass die Verhandlungen über Phase B aussichtslos sind."
Netanjahu innenpolitisch unter Druck
Mit seiner Zustimmung zum Abkommen mit der Hamas ist Netanjahu innenpolitisch unter noch größeren Druck geraten. Am Sonntag gab der rechtsextreme Polizei- und Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir bekannt, seine Partei werde aus der Koalition mit Netanjahus Likud-Partei aussteigen.