Bundestagswahl 2025

Christian Lindner

Lindner auf FDP-Parteitag "Wir wollen keine Leihstimmen"

Stand: 09.02.2025 15:16 Uhr

Angesichts schlechter Umfragewerte hat Parteichef Lindner auf dem FDP-Parteitag in Potsdam an die eigenen Stärke appelliert - und mögliche Leihstimmen abgelehnt. Erneut kritisierte er CDU-Chef Merz für dessen Abstimmungen im Bundestag.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat seine Partei dazu aufgerufen, bei der Bundestagswahl auf die eigene Stärke zu vertrauen. "Wir wollen keine Leihstimmen", sagte Lindner beim außerordentlichen Bundesparteitag in Potsdam. Er räumte ein: "Wir stehen gegenwärtig in den Umfragen auf der Kippe, wir wissen es."

Er wies öffentliche Äußerungen aus der Union zurück und griff dabei den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef an. "Markus Söder warnt vor Leihstimmen an die FDP: Welche Leihstimmen hat die CSU denn, über die sie verfügen kann, wie die verteilt werden?", fragte Lindner. Und: "Markus Söder hat genau zwei Stimmen, seine eigenen. Die muss er uns nicht leihen, die kann er behalten."

"Verlorene Stimmen" für die FDP?

Lindner hat die Union wiederholt aufgefordert, sich zu einer schwarz-gelben Koalition nach der vorgezogenen Wahl zu bekennen. Dies fand auf der Gegenseite allerdings keine Resonanz. Im Gegenteil: CDU-Chef Friedrich Merz warnte jüngst davor, dass Stimmen für die FDP "verlorene Stimmen" sein könnten. Hinzu kommt, dass nach den Umfragen die Union und eine knapp wieder in den Bundestag kommende FDP zusammen keine Mehrheit im Parlament hätten.

In den Umfragen liegt die FDP derzeit unter fünf Prozent, ihr Verbleib im Bundestag ist gefährdet.

Nicole Kohnert, ARD Berlin, zum Sonderparteitag der FDP in Potsdam

tagesschau24, 09.02.2025 15:00 Uhr

"Die AfD macht man nicht klein mit Lichterketten"

Lindner verteidigte das Ausscheiden der FDP aus der Ampelkoalition. "Wir hatten keine andere Wahl", sagte er. Die FDP habe angesichts der Wirtschaftskrise eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik gefordert, die Ampel habe aber nicht liefern können. "Wir hätten unsere Ämter retten können. Wir hätten die Selbstachtung verloren und dem Land geschadet."

Lindner griff zudem die AfD scharf an und kritisierte aber auch die aktuellen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus: "Die AfD macht man nicht klein mit Lichterketten. Die AfD macht man klein, indem man die Probleme klein macht, die diese Partei einst groß gemacht haben."

Erneute Kritik an Merz wegen Abstimmung im Bundestag

Erneut kritisierte Lindner den Vorstoß von Unions-Kanzlerkandidaten Merz in der Migrationspolitik. Merz sei damit "hohe politische Risiken" eingegangen und habe "das Land gespalten, übrigens sogar seine Fraktion", sagte Lindner. "Welche Berater hat Friedrich Merz?", fragte er. "Er wird möglicherweise auch im Falle seiner Kanzlerschaft ein Fall für betreutes Regieren sein."

Merz hatte in der vergangenen Woche einen Antrag und einen Gesetzentwurf zur Verschärfung der Migrationspolitik in den Bundestag eingebracht. Beidem stimmte die AfD zu. Dem Antrag verhalf sie so zu einer knappen Mehrheit. Für den Gesetzentwurf kam diese aber nicht zustande, weil Teile der Unions- und der FDP-Fraktion nicht an der Abstimmung teilnahmen.

"Lindner oder Habeck im Kabinett?"

Einen Eintritt seiner Partei in eine Bundesregierung unter Beteiligung der Grünen schloss Lindner explizit aus. "Mit uns gibt es keine Zusammenarbeit mit den Grünen nach der nächsten Bundestagswahl", sagte er. Die "entscheidende Frage" in den letzten 14 Tagen des Wahlkampfs sei, mit welchem Koalitionspartner der mögliche nächste Bundeskanzler Merz regiere. "Die entscheidende Frage ist: Lindner oder Habeck im Kabinett?", sagte der FDP-Chef mit Blick auf den Grünen-Spitzenkandidaten Robert Habeck. 

Eine mögliche neue Koalition mit den Grünen lehnten auch die Delegierten einstimmig ab. Bündnis 90/Die Grünen seien ein demokratischer Wettbewerber, mit dem die Freien Demokraten prinzipiell kooperieren könnten, heißt es in dem verabschiedeten Wahlaufruf. "Aber nach dieser Bundestagswahl schließen wir eine Zusammenarbeit in einer neuen Bundesregierung aus."

Die Freien Demokraten schließen auch ausdrücklich "jede Zusammenarbeit" mit AfD, Linkspartei und dem BSW nach der Bundestagswahl aus. Um die Anliegen der FDP durchzusetzen, brauche es eine "Regierungsperspektive aus der politischen Mitte", heißt es dem Entwurf des Wahlaufrufs. 

Kubicki betont Signalcharakter des Parteitags

Zum Auftakt des eintägigen Delegiertentreffens hatte Vize-Parteichef Wolfgang Kubicki dessen Signalcharakter betont: "Von diesem Parteitag muss und wird ein Signal ausgehen einer lebensfrohen, lebensbejahenden, optimistischen und kampfbereiten freien demokratischen Partei ausgehen", sagte Kubicki . "Wenn wir den Rücken gerade machen, halten wir jede Anfeindung von der linken und von der rechten Seite aus."

Mit Blick auf das Umfragetief zwei Wochen vor der Bundestagswahl gab Kubicki zu bedenken, dass es "noch viele unentschlossene" Wählerinnen und Wähler gibt. "Am Wahlabend werden sich noch einige wundern", sagte Kubicki. 

Eine Wende in der Wirtschafts- und Migrationspolitik sei nur mit der FDP möglich. "Deshalb werden wir in den kommenden Wochen dafür streiten, dass wir diese Ziele nach dem 23. Februar umsetzen können", rief Kubicki den Delegierten zu. Diese spendeten ihm für seine Rede anhaltenden, stehenden Applaus.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 09. Februar 2025 um 15:00 Uhr.