Alexander Dobrindt und Friedrich Merz
analyse

Finanzpaket Merz' Wettlauf gegen die Zeit

Stand: 14.03.2025 18:23 Uhr

Die Einigung kam gerade noch fristgerecht - und sie wurde hart errungen: Union, SPD und Grüne haben sich auf Änderungen am Finanzpaket verständigt. Bei Union und Grünen überwiegt am Ende die Erleichterung.

Eine Analyse von Sarah Frühauf und Iris Sayram, ARD-Hauptstadtstudio

Donnerstagabend nach der Plenarsitzung. Die Verhandler von Union und SPD eilen ins Konrad-Adenauer-Haus. Es ist der Auftakt der Koalitionsverhandlungen. Ein erster Text soll bereits in weniger als zwei Wochen stehen. Doch alles, was hier verhandelt wird, steht unter dem Vorbehalt: Was können sich SPD und Union überhaupt leisten?

Es ist nicht der letzte Termin für Friedrich Merz und Alexander Dobrindt. Sie müssen versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Die Zeit wird knapp, Britta Haßelmann und Katharina Dröge von den Grünen umzustimmen. Mehrere Szenarien liegen auf dem Tisch. Erst als es bereits dämmert, platzt der Knoten. Der Kompromiss steht um fünf Uhr morgens.

Markus Preiß, ARD Berlin, über die Einigung auf ein milliardenschweres Finanzpaket

tagesschau, 14.03.2025 20:00 Uhr

Große Zugeständnisse an die Grünen

Die Grünen willigen ein, alle drei Grundgesetzänderungen mitzutragen. Das bedeutet die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben, die oberhalb von einem Prozent über dem Bruttoinlandsprodukt liegen.

Der Begriff "Verteidigung" wird dabei, wie von den Grünen verlangt, breiter gefasst. In dem Einigungspapier, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, umfasst die Ausnahme "nicht nur die militärische Verteidigung, sondern schließt auch Bereiche wie Zivil- und Bevölkerungsschutz, Cybersicherheit, Nachrichtendienste und Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten ein".

Beim Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro wird gesetzlich klargestellt, dass es sich um "zusätzliche Investitionen" handeln muss. Dieser Punkt war den Grünen besonders wichtig. Und: Statt der versprochenen 50 Milliarden Euro für Klimaprojekte werden es nun 100 Milliarden Euro.

Abstimmung in den Fraktionen

Noch am Morgen dringt von der Einigung nichts an die Presse. Es wird gerechnet, wie viel Zeit verbleibt, um Änderungen an dem Gesetzesvorschlag noch in das reguläre parlamentarische Verfahren zu bringen. Zwei Tage müssen zwischen Entwurf und Abstimmung im Bundestag liegen. Angesetzt ist die für den 18. März. Es soll der letzte Akt eines bereits abgewählten Parlaments werden.

Bei den Grünen gab es in der Fraktion auch Bedenken, ein solches Unterfangen, das politisch hochumstritten ist, überhaupt mitzutragen. Auch, ob wirklich alle Abgeordnete des alten Parlaments mitmachen, ist noch nicht völlig ausgemacht. Als die Parteispitze aber den Kompromiss gegen 13 Uhr mitteilt, überwiegt die Freude, heißt es aus Parteikreisen. Mit 100 Milliarden Euro könne man eine ganze Menge für den Klimaschutz machen.

Union zwischen Frust und Erleichterung

Zur selben Zeit informieren Friedrich Merz und Alexander Dobrindt ihre Fraktion. Dort haben einige den Schock über das milliardenschwere Schuldenpaket noch nicht verdaut. Auch das Verhältnis zur CSU ist angespannt. Dass die Schwesterpartei auch noch teure Wahlkampfversprechen wie die Mütterrente ins Sondierungspapier verhandeln konnte, hat einige aufgebracht.

Markus Söder ist per Video zugeschaltet. Als Hintergrundbild hat er sich das Schloss Neuschwanstein ausgesucht. Merz frotzelt, man wisse ja, wer da residiert habe. "König Markus also?" Die Runde lacht sich etwas Frust von der Seele. Auch hier überwiegt die Erleichterung.

Letzte Hürde Bundesrat

Am Nachmittag fällt dann noch ein weiteres Hindernis: Das Bundesverfassungsgericht erlässt keinen Stopp für das Vorhaben, den noch amtierenden Bundestag über das Finanzpaket mitsamt der Grundgesetzänderungen abstimmen zu lassen. Das Gericht befindet, dass die "für einen Erlass sprechenden Gründe nicht überwiegen". Die nötige Zweidrittelmehrheit dürfte am Dienstag mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen erreicht werden.

Damit liegt das Schicksal des eilig durchgeführten Gesetzgebungsverfahrens in der Hand des Bundesrats. Die Ministerpräsidenten stehen grundsätzlich hinter dem Vorhaben. Doch die Länder können nur zustimmen, wenn sich ihre Regierungskoalitionen einig sind. Bei Ländern mit Beteiligung von Linken, BSW und FDP ist das noch nicht ausgemacht. Und auch die Freien Wähler in Bayern waren zuletzt nicht überzeugt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 14. März 2025 um 20:00 Uhr.