
Regierungsbildung ++ Steinbrück sieht "massiven Problemdruck" ++
Nach Ansicht von Ex-Minister Steinbrück steht Deutschland unter einem massiven Problemdruck. In Bayern lehnen die Freien Wähler in der Landesregierung das Finanzpaket bislang ab - damit steht Bayerns Zustimmung im Bundesrat auf der Kippe.
Die wichtigsten Entwicklungen:
"Deutschland steht unter einem massiven Problemdruck", sagt Ex-Finanzminister Peer Steinbrück in den tagesthemen mit Blick auf dringend notwendige Reformen des Staates. Der SPD-Politiker hatte zusammen mit dem früheren Bundesminister Thomas de Maizière (CDU), Medienmanagerin Julia Jäkel und dem früheren Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle konkrete Vorschläge für einen "handlungsfähigen Staat" vorgelegt. Sie sind auch eine Handlungsempfehlung für die nächste Bundesregierung. "Wenn diese Regierung nur sitzen bleibt oder sich verkämpft, dann werden wir den Anforderungen nicht gerecht", warnt Steinbrück. Der Maschinenraum des Staates müsse ertüchtigt werden.
Der renommierte Verfassungsrechtler Hanno Kube sieht bei dem von Union und SPD geplanten Milliarden-Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur keine Bedenken. Dies sei "verfassungsrechtlich unproblematisch", heißt es in seiner Stellungnahme für eine Anhörung des Haushaltausschusses. Die geplante Lockerung der Schuldenbremse für eine höhere Verschuldung der Länder sei mit dem Grundgesetz vereinbar.
Der Heidelberger Professor war im November 2023 über die Fachwelt hinaus durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimafonds bekanntgeworden. Kube hatte als Rechtsvertreter der Unions-Fraktion die 60-Milliarden-Klage gewonnen, die am Ende die Ampel-Regierung zu Fall brachte.
Eine Zustimmung Bayerns zu dem von Union und SPD geplanten Schuldenpaket in der vorliegenden Form steht auf der Kippe. Die Freien Wähler (FW) als Koalitionspartner der CSU in Bayern lehnen das Vorhaben nach eigenen Angaben ab. "Aus jetziger Sicht sehen wir uns nicht in der Lage, dem zuzustimmen", sagte FW-Chef und Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger nach einer Beratung mit seiner Landtagsfraktion in München. Damit könne auch Bayern im Bundesrat derzeit nicht zustimmen. Denn wenn die Schuldenbremse gelockert werde, falle der Reformdruck weg.
Zur Stärkung der Bundeswehr halte seine Partei ein Sondervermögen in einer Größenordnung von 400 Milliarden Euro für vorstellbar. Es müsse strukturelle Reformen auch zugunsten der Kommunen und beim Länderfinanzausgleich geben. Bei der notwendigen Abstimmung über mögliche Verfassungsänderungen im Bundesrat könnte die Stimme Bayerns das Zünglein an der Waage sein.
Gespräche zu Finanzpaket gehen weiter
Die Gespräche zwischen CDU, CSU, SPD und Grünen zum milliardenschweren Finanzpaket sind auch am Mittwoch weitergegangen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Verhandlungskreisen. Teilnehmer waren demnach wie schon bei vorigen Runden Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU), der SPD-Fraktionsvorsitzende Lars Klingbeil, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sowie die beiden Grünen-Fraktionschefinnen Britta Haßelmann und Katharina Dröge.
Die Grünen wollen dem geplanten milliardenschweren Verteidigungs- und Infrastrukturpaket von Union und SPD in seiner aktuellen Form nicht zustimmen. Union und SPD wollen das Paket bis zum 25. März noch vom alten Bundestag beschließen lassen, in dem sie zusammen mit den Grünen die für Verfassungsänderungen notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit haben
SPD-Co-Chef Lars Klingbeil will in der neuen Bundesregierung eine "neue Nord-Süd-Kommission" einrichten. Diese solle einen partnerschaftlichen Dialog mit den Ländern der Südhalbkugel über drängende Fragen organisieren. "Dazu gehört, dass wir gemeinsam Antworten auf die globalen Krisen geben, die uns gleichermaßen im Norden und im Süden herausfordern: die Klimakrise, Pandemien, Krieg und Konflikte, wachsende sozioökonomische Ungleichheiten - oder auch die unkontrollierte Macht gigantischer Tech-Konzerne", fügte Klingbeil in einer Rede vor der Friedrich-Ebert-Stiftung hinzu.
In der Diskussion über einen gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde in Deutschland hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bekräftigt, dass es im Sondierungspapier von Union und SPD keinesfalls eine Festlegung gibt. Die Höhe des Mindestlohns festlegen werde die Mindestlohnkommission, sagte Linnemann der "Bild". "Löhne werden nicht vom Deutschen Bundestag gemacht. Löhne werden von den Tarifpartnern gemacht."
Die kommende Bundesregierung soll nach Ansicht der Länder-Regierungschefs die nationale Strategie zur künstlichen Intelligenz (KI) überarbeiten und mehr Geld zur Verfügung stellen. Auf einen entsprechenden Beschluss verständigten sich die Ministerpräsidenten bei einem Treffen in Berlin. Demnach sollen im Fokus der Strategie die Förderung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und technologischer Souveränität Deutschlands stehen, "unter anderem durch den Aufbau von KI-Reallaboren in Bund und den Ländern".
Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) sagte, es müsse auch dafür gesorgt werden, "dass das auf einer ethisch vernünftigen Basis funktioniert". Voigt sprach von einem "wichtigen Zukunftsimpuls" und forderte eine zeitgemäße KI-Strategie.
In der Debatte mit der Union über eine verschärfte Asylpolitik hat SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil die Verteidigung des Schengen-Raums angemahnt. "Eine Rückkehr zu permanenten Grenzkontrollen und Grenzschließungen überall in Europa wäre der Anfang vom Ende der europäischen Freizügigkeit und hätte dramatische ökonomische und politische Folgen", sagte der SPD-Politiker bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. "Die Grenzregionen können davon ein Lied singen. Und daher muss es gerade in Fragen der Migrationspolitik um europäische Lösungen gehen, die von allen Mitgliedstaaten respektiert und befolgt werden. Nationale Alleingänge sind nicht tragbar", fügte der SPD-Politiker hinzu.
Die Ministerpräsidenten der Länder fordern eine rasche Verabschiedung des milliardenschweren Finanzpakets für Verteidigung und Infrastruktur. Das machten die Regierungschefs von Sachsen und Niedersachsen, Michael Kretschmer (CDU) und Stephan Weil (SPD), nach der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin deutlich. "Wir alle 16 Länder wünschen uns, dass die Gespräche über eine Grundgesetzänderung zu einem vernünftigen Ende kommen", sagte Kretschmer (CDU). Die Finanzierung von Verteidigung und Infrastruktur dürfe dabei nicht getrennt werden.
Niedersachsens Ministerpräsident Weil sagte, die Erwartung laute: "Bitte sorgt dafür, dass wir sehr schnell einen gemeinsamen Weg zwischen den Parteien, die jetzt miteinander reden, sehen werden." Die Finanzpakete müssten zusammen behandelt werden, um eine Diskussion mit dem Tenor zu vermeiden, dass Geld für Rüstung da sei, aber nicht für andere Anliegen.
CDU/CSU und SPD hatten sich bei den Sondierungen für eine neue Bundesregierung darauf verständigt, die Schuldenbremse im Grundgesetz für höhere Verteidigungsausgaben zu lockern und zusätzlich ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro in der Verfassung zu verankern. Damit hätten auch die Bundesländer mehr finanzielle Spielräume.
Bundeswahlleiterin Ruth Brand hat Vorwürfe einer schlechten Vorbereitung der Bundestagswahl zurückgewiesen. "Aufgabe der Bundeswahlleiterin ist es, eine ordnungsgemäße Wahl vorzubereiten und auf mögliche Herausforderungen hinzuweisen", sagte Brand dem "Handelsblatt" nach Angaben. "Das habe ich im Vorfeld der Auflösung des Deutschen Bundestages getan."
Das BSW hatte am Dienstag die bundesweite Neuauszählung der Stimmen gefordert und ist dafür vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Das BSW sprach von "Vertauschungen und Meldefehlern". Daher sei möglich, dass das BSW "vielleicht doch den Einzug in den Bundestag geschafft hat" - ihnen fehlten am Ende rund 13.400 Stimmen. Am Tag nach der Wahl hatte sich BSW-Chefin Sahra Wagenknecht bereits darauf bezogen, dass sich rund 230.000 Auslandsdeutsche zur Wahl registriert hätten, jedoch "offenbar nur ein Bruchteil" habe teilnehmen können, weil die Briefwahlunterlagen zu spät angekommen seien.
Brand nannte es nun "bedauerlich", dass nicht alle im Ausland lebenden Wahlberechtigten wählen konnten. "Wie viele Auslandsdeutsche tatsächlich an der Wahl teilgenommen haben, wissen wir nicht", sagte Brand. Sie wies jedoch darauf hin, dass die Fristen für die Briefwahl weitgehend denen der vorgezogenen Neuwahl von 2005 entsprachen, die das Bundesverfassungsgericht damals für verfassungsgemäß erklärt hatte.
Die FDP bekräftigt, dem von Union und SPD geplanten Investitionsfonds für die Infrastruktur und der Aufweichung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben im Bundestag nicht zuzustimmen. Stattdessen schlagen sie vor, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung aus dem laufenden Bundeshaushalt für die Verteidigung auszugeben, wie Fraktionschef Christian Dürr in Berlin sagte. Zudem will die FDP in einem entsprechenden Gesetzesentwurf das bestehende Sondervermögen für die Bundeswehr im Volumen von 100 Milliarden Euro um weitere 200 Milliarden Euro aufstocken.
Die von Union und SPD vorgeschlagenen ein Prozent Haushaltsfinanzierung gingen sogar hinter die Zeiten von Kanzlerin Angela Merkel zurück, als die Verteidigungsausgaben bei 1,3 Prozent gelegen hätten, sagte Dürr.
CDU, CSU und SPD wollen mit 16 Arbeitsgruppen in ihre vertieften Verhandlungen über eine künftige Koalition starten. Die drei Parteien legten die Besetzung der Fach-AGs fest, denen jeweils 16 Personen angehören - sieben von der SPD, sechs von der CDU und drei von der CSU. Damit sollen insgesamt 256 Politikerinnen und Politiker aus Bund, Ländern und dem Europaparlament über die Inhalte eines schwarz-roten Regierungsprogramms beraten.
Bei der SPD sind von den Ministerinnen und Ministern des bisherigen Ampel-Kabinetts alle entweder in einer AG oder in der Steuerungsgruppe dabei - mit Ausnahme von Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt. Auch Kanzler Olaf Scholz bleibt weiterhin außen vor. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verhandelt zum Beispiel mit in der AG "Gesundheit und Pflege". Innenministerin Nancy Faeser ist dagegen nicht in der AG "Inneres", sondern der für "Bürokratieabbau und Staatsmodernisierung".
Für die CDU sitzt kein Ministerpräsident in einer AG, Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer gehört aber zur Steuerungsrunde. Generalsekretär Carsten Linnemann ist in der AG "Arbeit und Soziales", Fraktionsvize Jens Spahn in der Wirtschafts-AG. Die CSU schickt neben Bundestagsabgeordneten eine ganze Riege bayerischer Kabinettsmitglieder - von Innenminister Joachim Herrmann in der AG "Innen, Recht, Migration und Integration" über Verkehrsminister Christian Bernreiter in der Verkehrs-AG bis zu Sozialministerin Ulrike Scharf in der AG "Arbeit und Soziales".
Zum Vergleich: Bei den Koalitionsverhandlungen für die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP hatte es 22 AGs gegeben, die aber unterschiedlich groß waren. Pro Partei waren es damals rund 100 Verhandler. Bei den Verhandlungen für die schwarz-rote Koalition 2018 waren es etwa 200 Verhandler in 18 AGs .
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat sich hinter das geplante Milliardenpaket für Infrastruktur und Verteidigung gestellt. "Deutschland braucht jetzt dieses Signal, es ist ein Signal des Aufbruchs", sagte der SPD-Politiker dem rbb am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz.
Sein Koalitionspartner Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat große Vorbehalte gegen die von Union und SPD geplante Lockerung der Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben. Parteichefin Sahra Wagenknecht hatte erklärt, die Länder mit BSW-Regierungsbeteiligung - Brandenburg und Thüringen - könnten dem im Bundesrat nicht zustimmen. Zustimmung zum geplanten Sondervermögen für Infrastruktur im Umfang von 500 Milliarden Euro schloss Wagenknecht nicht aus.
Woidke sagte auf eine Frage nach dem BSW: "Wir sind in intensiven Gesprächen und ja, es sind ja noch ein paar Tage Zeit." Wichtig sei, das Paket nicht zu trennen mit Blick auf Verteidigung und Infrastruktur. "Auf jeden Fall sollte das Paket so zusammenbleiben, wie es gestrickt worden ist von den Sondierern", sagte der Ministerpräsident. "Wir brauchen auch und besonders die Investitionen in die Infrastruktur."
Der ehemalige Bundesminister Thomas de Maizière (CDU) warnt, dass ohne eine Staatsreform die von Union und SPD geplanten Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung nicht wirksam eingesetzt werden könnten. "Wir haben bereits jetzt Milliardenbeträge an Investitionen, die nicht abfließen", sagte de Maizière in Berlin. Nötig sei unter anderem eine Veränderung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Anderenfalls "wird das viele Geld nicht oder nicht wirksam abfließen in der nächsten Zeit".
Der frühere Bundesminister des Innern und der Verteidigung schlägt gemeinsam mit dem ehemaligen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und anderen eine umfassende Staats- und Verwaltungsreform vor. Pläne dazu präsentierte die Initiative auf einer Pressekonferenz in Berlin.
Auf die umstrittene Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen (NGO) hat die Bundesregierung geantwortet und den Vorwurf von Schattenstrukturen zurückgewiesen. "Die Bundesregierung sieht keine Anhaltspunkte für die in der Kleinen Anfrage enthaltene Behauptung, wonach die geförderten 'NGOs eine Schattenstruktur' bildeten", zitiert das Magazin "Business Insider" aus der Antwort. Die Bundesregierung bestätigte, dass die Antwort auf die insgesamt 551 Fragen der Unionsfraktion dem Bundestag zugeleitet worden sein. Details zum Inhalt machte sie nicht.
Laut "Business Insider" nennt das zuständige Bundesfinanzministerium zu einzelnen Nichtregierungsorganisationen auch Zahlen der Finanzierung. Insgesamt seien in diesem Jahr bislang 6,4 Millionen Euro Bundesförderung geflossen. Zu zahlreichen Organisationen gebe es aber keine Angaben. Konkrete Fragen zu einzelnen Organisationen werden demnach mit Verweis auf die Zuständigkeit der Länder, das politische Neutralitätsgebot der Regierung oder einen zu hohen Rechercheaufwand nicht beantwortet.
Die Unionsfraktion hatte am Tag nach der Bundestagswahl eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, in der sie mit 551 Fragen kritisch die finanzielle Förderung zahlreicher Organisationen durch den Staat infrage stellt.
Mehrere Friedensorganisationen haben von den Abgeordneten im Bundestag gefordert, das Grundgesetz nicht für mehr Verteidigungsausgaben zu ändern. Am Donnerstag ist dazu eine erste Beratung des aktuellen Bundestags in einer Sondersitzung geplant. Union und SPD wollen einen Beschluss schon am Dienstag der kommenden Woche. In ihrem Appell rufen die Organisationen die Abgeordneten dazu auf, nach ihrem Gewissen zu entscheiden und "die unbegrenzte Aufrüstung zu stoppen".
Die potenziellen Koalitionspartner CDU/CSU und SPD wollen das Grundgesetz so ändern, dass künftig alle Verteidigungsausgaben, die ein Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung übersteigen, von der Schuldenbremse ausgenommen wären. Die Friedensorganisationen kritisieren das als "Blankoscheck für die Bundeswehr" und warnen vor "einer demokratisch schwierigen Ad-hoc-Entscheidung des abgewählten Bundestages, die in ein neues Wettrüsten münden kann". Die Organisationen fordern "eine breite gesellschaftliche Debatte mit dem neu gewählten Bundestag darüber, wie wir in Zukunft Frieden und menschliche Sicherheit in Europa gestalten wollen".
Weitere Klage der Linken
Die Linke hat eine weitere Klage im Zusammenhang mit den Finanzplänen von Union und SPD angekündigt. Nach einer ersten Klage gegen die Einberufung des alten Bundestags für zwei Sondersitzungen geht es dieses Mal um die von Union und SPD geplanten Grundgesetzänderungen. Die Klage werde "zu diesem Zeitpunkt" beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, sagte Parteichefin Ines Schwerdtner am Mittag in Berlin. Die Klage gründe sich unter anderem auf die aus Sicht der Linken "äußert kurze" Beratungszeit für die Abgeordneten.
Die Mitglieder des alten Bundestags sollten innerhalb von nur zwei Werktagen über "gleich mehrere Grundgesetzänderungen" mit einem Volumen von einer Billion Euro entscheiden, fuhr Schwerdtner fort. "Das ist diesem Parlament unwürdig." Damit würden die Mitwirkungsrechte der Abgeordneten verletzt. Die Linken-Chefin nannte das Vorgehen von Union und SPD ein "überfallartiges Verfahren". Ziel der Klage sei, "das Durchpeitschen zu stoppen".
Die Union hat den Grünen schriftliche Garantien für die Zustimmung zum geplanten Sondervermögen für Infrastruktur angeboten. Ein schuldenfinanziertes Sondervermögen sei "überhaupt nur dann gerechtfertigt, wenn es wirklich in zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur führt", sagte Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) im WDR. Dass es sich um zusätzliche Investitionen handeln müsse, könne beispielsweise im Errichtungsgesetz für das Sondervermögen festgeschrieben werden.
"Da werden wir Möglichkeiten finden, wie die Interessen, die die Grünen aus meiner Sicht zu Recht formulieren, wie man diese Interessen auch entsprechend berücksichtigen kann", sagte Frei. Es könne auch für ihn nicht darum gehen, dass Investitionen nur "aus dem regulären Haushalt verschoben werden".
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat die Parteien zur Kompromissbereitschaft bei den Verhandlungen über eine Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse ermahnt. "Ich mag mir ein Scheitern nicht vorstellen. Das wäre ein riesiger Schaden für das Land und für die Demokratie", sagte Weil in einem Interview mit dem Spiegel.
"Man muss nur an die Folgen für die Bundeswehr denken", sagte der SPD-Politiker. "Nach dem unübersehbaren Wandel in den USA haben wir keine Alternative, als die Bundeswehr zu ertüchtigen." Dieser Verantwortung seien sich die Grünen sicher bewusst.
Der Bedarf von mehrere Hundert Milliarden Euro sei eine Quittung für den jahrelangen Sparkurs bei der Bundeswehr. Die Einigung von CDU und SPD in der Migrationspolitik verteidigte der SPD-Politiker: "Ich kann mit dem Kompromiss gut leben." Die SPD habe einiges erreicht: "Es ist nicht mehr die Rede von einer Schließung der Grenzen oder von deutschen Alleingängen."
Grünen-Politiker Robert Habeck hat sich dafür ausgesprochen, dass sich der Bundestag bei den geplanten kurzfristigen Beratungen auf die Sicherheit Deutschlands konzentriert. "Da haben wir nicht drei Monate oder fünf Monate Zeit", sagte der Vize-Kanzler am Rande der Handwerksmesse in München. Dies sei eilbedürftig. Habeck verwies auf die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und die Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine.
Die parallel geplante Beratung für einen 500 Milliarden Euro schweren Infrastruktur-Sondertopf unter einer schwarz-roten Regierung sei nicht eilig. Es sei seit 15 Jahren klar, dass die Infrastruktur marode sei. Der Fokus sollte daher zunächst auf der Sicherheit liegen. Hier brauche es eine schnelle Einigung. "Das wäre eine sinnvolle Trennung."
Kinderrechtsorganisationen haben an Union und SPD appelliert, bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen die Rechte junger Geflüchteter zu wahren. Die geplanten Verschärfungen im Bereich Flucht und Migration drohten schwerwiegende Folgen auch für geflüchtete Kinder zu haben, teilte die Organisation Terre des Hommes in Osnabrück mit. Gemeinsam mit dem Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht und der Initiative "Jugendliche ohne Grenzen" verfasste die Organisation ein Forderungspapier an die Politik.
Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten und humanitäre Aufnahmeprogramme seien zwei der wenigen legalen Fluchtmöglichkeiten. "Diese wichtigen und lebensrettenden Maßnahmen dürfen nicht ausgesetzt werden, sondern müssen unbedingt erhalten bleiben. Familien gehören zusammen." Die Organisationen forderten zudem ein Bekenntnis zur menschen- und kinderrechtskonformen Behandlung von Asylsuchenden.
Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat angesichts polarisierender Debatten in der Politik dazu geraten, Angstmacherei entgegenzutreten und mehr auf Kompromisse zu setzen. Vor dem Hintergrund wachsender weltpolitischer, ökologischer und gesellschaftlicher Bedrohungen blickten Menschen sorgenvoll in die Zukunft, heißt es in einem in Hannover veröffentlichten Papier. Ängste und Sorgen seien verständlich. Solche Empfindungen mache sich populistische Politik aber zunehmend zunutze. Sie schüre diese Ängste "mit einer leicht eingängigen und dabei bisweilen ausgeprägt menschenfeindlichen Rhetorik und Schreckensszenarien, die das Ziel haben, zu verunsichern und das Vertrauen in die Demokratie zu erschüttern", heißt es im Vorwort des Papiers.
In fünf Thesen gibt der Rat der EKD Empfehlungen, wie man sich davon abgrenzen könne, etwa durch Vertrauen und Mut, einen vorurteilsfreien Blick auf Menschen und das Aushandeln von Kompromissen, statt auf Maximalforderungen zu beharren.
Die "Initiative für einen handlungsfähigen Staat" will herausfinden, wie der Staat effektiver werden kann. Es geht um das große Ganze: Wie kommt das Land wieder in Bewegung?
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Die Grünen haben ihre Forderungen nach einer Anpassung der Finanzpläne von Schwarz-Rot erneuert. Auch auf Länderebene mehren sich die Stimmen nach entsprechenden Veränderungen. Die Chefin der Grünen-Fraktion im bayrischen Landtag sagte im Interview mit dem BR, dass ihre Partei "nicht nur irgendwas abnicken werde". "Wir müssen selbstverständlich mehr für unsere Verteidigung tun und auch die Ukraine mehr unterstützen", so Katharina Schulze. "Und da sind wir Grünen auch immer für Gespräche bereit. Aber jetzt einen Riesen-Schuldenberg aufzunehmen, um Einzelinteressen der neuen Regierungskoalition zu finanzieren, davon halten wir nichts."
In Bayern, wo ebenfalls im Landtag eine Zweidrittelmehrheit benötigt wird, gelte das gleiche wie auf Bundesebene. "Wenn so Sachen wie Klimaschutz, wie mehr Geld für die Bildung, für die Jüngsten in unserer Gesellschaft dort überhaupt nicht angedacht sind, dann gibt es keine Zustimmung von uns", sagte Schulze.
Der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins hat sich optimistisch gezeigt, dass es bald eine Einigung beim Finanzpaket mit den Grünen geben wird. Daniel Günther sagte im rbb24 Inforadio, er glaube, dass alle handelnden Parteien sehr verantwortungsbewusst seien. Sie seien auch gut beraten, schnell Entscheidungen zu treffen, damit Deutschland und Europa handlungsfähig bleiben. "Ich habe die Grünen immer so kennengelernt, dass sie in solchen Zeiten immer das Land vor die Partei stellen und bereit sind, auch Verantwortung zu übernehmen", sagte Günther. "Und ich glaube, wenn man in dem Geist miteinander spricht, ist es auf jeden Fall möglich, hier auch zu Kompromissen zu kommen."
Appelle an CDU-Parteichef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder, stärker auf die Grünen zuzugehen, seien gar nicht vonnöten, sagte Günther. Die Grünen hätten vernünftige Vorschläge vorlegt, "wo auch viele in der Union sagen, darüber muss man und kann man auf jeden Fall reden". Spätestens zur zweiten Lesung im Bundestag werde es seiner Schätzung nach auch eine verfassungsändernde Mehrheit geben.
Die Union möchte offenbar in der Woche ab dem 14. April den angestrebten Koalitionsvertrag mit der SPD unterzeichnen. Nach dem internen Zeitplan ist nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters die Wahl von CDU-Chef Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler am 23. April vorgesehen. Die Verhandlungen mit der SPD sollen morgen mit einer Auftaktrunde der Leitungsgruppe der drei Parteien CDU, CSU und SPD zusammen mit den Vorsitzenden der Arbeitsgruppen beginnen.
Die Arbeitsgruppen sollen bis zum 24. März ihre Papiere an die Leitungsebene abliefern - also noch vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags am 25. März. Der CDU-Bundesausschuss soll dem Entwurf des erwarteten Koalitionsvertrages am 10. und 11. April zustimmen.
Union und SPD wollen Hunderte Milliarden Euro an Schulden aufnehmen - mit Sondersitzungen des alten Bundestages. Linke und AfD wollen das verhindern - durch Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht. Heute entscheidet das Gericht.
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SPD gegen Aufteilung des Finanzpakets
Einen Tag vor dem geplanten Beginn der schwarz-roten Koalitionsverhandlungen und der Sondersitzung im Bundestag gibt es weiter keine Einigung über das geplante riesige Finanzpaket. Die Grünen lehnen die Schuldenpläne von CDU, CSU und SPD in der jetzigen Form ab, werden aber für die notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag gebraucht. Sie schlagen vor, getrennt über das Finanzpaket zu entscheiden - mit dem alten Bundestag über die Verteidigungsausgaben und später mit dem neuen über die Investitionen in die Infrastruktur.
Führende Sozialdemokraten lehnen eine Aufteilung des Finanzpakets ab. Es müsse Schluss damit sein, Investitionen in die Sicherheit gegen Investitionen in Wirtschaft und Bildung auszuspielen, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Ähnlich äußerten sich zuvor Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger und SPD-Generalsekretär Matthias Miersch.
Im Streit über geplante Zurückweisungen von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen hat die SPD die Union vor einer missverständlichen Auslegung der im Sondierungspapier getroffenen Vereinbarung gewarnt. Derartige Zurückweisungen könne es nur bei Zustimmung der Nachbarstaaten und der Rücknahme der Asylbewerber geben, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, der Bild-Zeitung.
Die Formulierung zur Zurückweisung von Flüchtlingen an den gemeinsamen Grenzen lasse "wenig Interpretationsspielraum". "Selbstverständlich müssen wir mit unseren Nachbarstaaten in dieser Frage in enger Abstimmung vorgehen", betonte Wiese. Das Europarecht sei in dieser Frage klar, sagte Wiese. Zurückweisungen könnten "nur funktionieren, wenn unsere Nachbarn die Menschen auch wieder zurücknehmen. Nationale Alleingänge sind der falsche Weg und werden auch nicht funktionieren".
Vor Beginn der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD ruft ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis die Sozialdemokraten auf, mit der Besteuerung von Superreichen ein Wahlkampfversprechen durchzusetzen. In einem offenen Brief an die SPD-Spitze kritisieren die Organisationen, "dass Superreiche inzwischen nur halb so hohe Steuer- und Abgabensätze zahlen wie die breite Mitte der Gesellschaft, die hauptsächlich von ihrem Arbeitseinkommen lebt". Das liege unter anderem an der ausgesetzten Vermögensteuer und weiterer Steuerreformen der vergangenen Jahrzehnte.
Die Organisationen verweisen auf gleichzeitige Herausforderungen wie marode Infrastruktur, Krankenhausschließungen und Kinderarmut. Superreiche stünden besonders in der Verantwortung, "ihren fairen Beitrag zu einer sozial gerechten, ökologischen Modernisierung des Landes zu leisten". Dem Bündnis gehören unter anderem Greenpeace, Oxfam und Brot für die Welt an.
Was bringt das Finanzpaket den Ländern?
Bei der Ministerpräsidentenkonferenz beraten die Bundesländer heute über das geplante Finanzpaket von CDU/CSU und SPD. Obwohl die Länder davon profitieren würden, ist ihre Zustimmung im Bundesrat offen.
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Liveblog vom Dienstag
Die Junge Union hat nach den Sondierungen von Union und SPD bereits Änderungen gefordert. Verteidigungsminister Pistorius hat intern die Verhandler der Union einem Medienbericht zufolge scharf kritisiert.