Bundestagswahl 2025
![Olaf Scholz (links) und Friedrich Merz | dpa Olaf Scholz (links) und Friedrich Merz](https://images.tagesschau.de/image/d448e20f-f855-4740-95f4-26322b02eceb/AAABlO7Ee3w/AAABkZLrr6A/original/scholz-merz-122.jpg)
Scholz gegen Merz Zwei Sachverwalter im Duell
Nach den Verbalattacken der vergangenen Wochen war das TV-Duell zwischen den Kanzlerkandidaten Scholz und Merz hart, aber von Respekt gekennzeichnet. Visionen für die Zukunft Deutschlands präsentierten sie aber nicht.
Es war keine auf Krawall gebürstete US-Debatte mit einstudierten Botschaften und persönlichen Attacken - große Politshow Fehlanzeige. Vielmehr war es das Duell von zwei unbeliebten Kandidaten. Typisch deutsch: verlässlich, aber auch kaum inspirierend. Beide Kandidaten haben wenig Charisma, sind nicht überraschend oder gar erfrischend neu aufgetreten. Dafür sind sie einfach viel zu lange im politischen Geschäft.
Und so wurde die Fernsehdebatte eine Mischung aus juristischer Fachsimpelei und Prozentrechnung. Olaf Scholz glänzte mit seinen typischen Satzkaskaden. Friedrich Merz erzählte von den Stromnöten der Stahlwerkschefin Anne-Marie Großmann und zitierte den Historiker Heinrich August Winkler in der Asylfrage.
Politische Praxis kann ermüdend sein
Mit dem Alltag, den Sorgen und Nöten der meisten Deutschen hat das alles wenig zu tun. Trotzdem haben mehr als zwölf Millionen Menschen eingeschaltet, deutlich mehr als vor drei Jahren. Das Interesse ist da, die Wählerinnen und Wähler wollen Antworten. Und nach 90 zum Teil zähen Minuten haben sie zumindest die großen Unterschiede zwischen Union und SPD erfahren. Beispielsweise bei Zurückweisungen an der Grenze, beim Bürgergeld oder einer möglichen Reform der Schuldenbremse.
Wenn man es positiv betrachtet, dann haben die 90 Minuten auch gezeigt, dass die politische Praxis, dass die Suche nach dem Kompromiss, ziemlich ermüdend sein kann. Migration, Wirtschaft, Klimaschutz, russischer Angriffskrieg in der Ukraine - all das lässt sich nicht mit Executive Orders à la Donald Trump lösen. Es braucht in unserer parlamentarischen Demokratie immer noch Koalitionen - auch nach dem Scheitern der ungeliebten Ampel.
Harte Vorwürfe, aber keine Herabwürdigungen
Scholz hat Merz im Duell direkt angegriffen, weil er bei Migrationsabstimmungen im Bundestag Mehrheiten mithilfe der AfD in Kauf genommen hat. Scholz wertete das als "Wortbruch". Merz wiederum warf Scholz vor, bei den Migrationsfragen der Realität entrückt zu sein und in einem "Märchenschloss" zu leben.
Das sind zwar harte Vorwürfe, aber es sind keine Herabwürdigungen oder persönliche Angriffe, wie man sie aus dem US-Wahlkampf kennt. Im Gegenteil: Im Laufe dieser ernsthaften, teilweise auch harten Diskussion bekam man schon den Eindruck, dass sich die beiden Kontrahenten zumindest respektieren. Und ab und zu - zwei, drei Mal - waren es Momente, wo sie beide lächeln konnten über das, was der andere gesagt hat.
Nach den unversöhnlichen Verbalgefechten im Bundestag haben Scholz und Merz offenbar erkannt, dass es unter Demokraten immer noch um das bessere Argument gehen sollte. Und dass man nach dem 23. Februar möglicherweise wieder für eine Koalition zusammenfinden muss, auch wenn einer der Kandidaten dann zum Polit-Rentner wird. Das ist ein positiver Punkt nach dem Duell.
Welche Themen gingen unter?
Der Klimawandel, trotz sich abwechselnden Fluten und Dürren, war kaum ein Thema. Die künftige Rolle der Künstlichen Intelligenz in unserem Alltag wurde nicht diskutiert. Und wo waren die Ideen für den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft? Die Frage, wie es mit der Bildung wieder bergauf geht, blieb unberührt. Auch wie Union und SPD langfristig Rente und Sozialsysteme in einer alternden Gesellschaft wirklich stabilisieren wollen, wurde nicht erklärt.
Zwar stritten Merz und Scholz über die Finanzierung der Bundeswehr und die Lieferung der "Taurus"-Marschflugkörper - die wirkliche Dimension der Probleme und die Kosten wieder verteidigungsfähig zu werden, haben sie aber auch nicht ehrlich aufgearbeitet. Es ist unklar geblieben, was es bedeuten würde, wenn Trump die US-Militärunterstützung in Europa zurückfahren würde.
Und auch der Umgang mit Donald Trump und seiner Zollpolitik war nur ein Randaspekt. Ein Problem, das schon am Morgen nach dem Duell mit angedrohten Zöllen auf Stahl und Aluminium in Berlin hart aufgeschlagen ist.
Gefangen in aktuellen Problemen
Scholz und Merz haben sich einen Schlagabtausch über die aktuell drängenden Fragen geliefert. Aber es reicht eben nicht nur über leere Kassen, eine lahmende Wirtschaft und das hochgepushte Migrationsthema zu reden. Insgesamt blieb das TV-Duell in den aktuellen Problemen gefangen.
Kein Kandidat hat dargestellt, wie Deutschland in vier Jahren aussehen soll. Kein Kandidat hat für Kinder und Jugendliche und ihre Eltern aufgezeigt, warum es sich lohnt auch künftig in Deutschland groß zu werden. Olaf Scholz und Friedrich Merz sind vor allem Sachverwalter im Hier und Jetzt.