Bundestagswahl 2025

Windrad und Sonne hinter einer Solaranlage

Bundestagswahl 2025 Wer das Klima schützen will - und wer nicht

Stand: 06.02.2025 09:14 Uhr

CO2-Preis, Atomausstieg, Verbrennermotor: Wie stehen die Parteien zu den großen klimapolitischen Themen dieser Zeit? Einige fordern schärfere Ziele, andere leugnen den Klimawandel vollständig.

Von Tina Handel, ARD-Hauptstadtstudio

Die meisten Wahlprogramme stellen in den Vordergrund, dass Klimaschutz bezahlbar für jeden sein müsse. Nur dann habe er die nötige Akzeptanz.

Entsprechende Maßnahmen haben fast alle Parteien im Programm. Wie ambitioniert der Weg hin zur Klimaneutralität sein soll, ist aber sehr unterschiedlich: Bleibt es beim Ziel, Deutschland bis 2045 auf klimaneutral umzustellen? Wie stark sollen E-Autos gefördert werden? Tempolimit - ja oder nein? Europäische Regelungen, an denen Deutschland aktiv mitgewirkt hat, wollen etliche Wahlprogramme zurücknehmen.

SPD

Für die SPD entstehen Spielräume für den Klimaschutz, wenn man die Schuldenbremse reformiert - und so nötige Investitionen bezahlt. Insgesamt sieht die SPD Klimaschutz als eine vordringlich staatliche Aufgabe, will aber einiges "pragmatischer gestalten". Der Staat schaffe die Rahmenbedingungen dafür, dass "die klimafreundliche Alternative für Bürgerinnen und Bürger besser, bequemer und vor allem günstiger" werde. Die höheren CO2-Preise sollen in den kommenden Jahren finanziell aufgefangen werden, etwa durch ein Klimageld.

Die SPD will gegenüber Autobauern nicht so streng sein. Deutsche Hersteller sollen keine Strafen zahlen müssen, wenn sie die Brüsseler CO2-Flottengrenzwerte nicht einhalten. Das heißt: Alle neu zugelassenen Autos eines Herstellers sollen straffrei im Schnitt mehr Abgase ausstoßen dürfen als vereinbart. Klimaziele im Verkehr will die SPD etwa über ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen erreichen. Das Deutschlandticket soll bleiben.

Beim Umbau von Häusern und Wohnungen sieht die SPD eher "klimaneutrale Wärmenetze" für ganze Stadtteile als Zukunftslösung. Das sei kostengünstiger als "einzelne Wärmepumpen in jedem Haus".

CDU/CSU

Für die Union steht an erster Stelle, dass Klimaschutzmaßnahmen die Wirtschaft nicht beeinträchtigen dürfen. "Die Klimaneutralität bis 2045 haben wir fest im Blick", steht im Wahlprogramm - aber das dürfe nicht den "Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft" gefährden.

Für den Energiesektor heißt das: Die Union will den Kohleausstieg umsetzen, aber Kohlekraftwerke dürften nur abgeschaltet werden, wenn es im Netz genug Alternativen, etwa Gaskraftwerke, gebe. Den Wiedereinstieg in die Atomkraft will die Union prüfen. Zudem wollen die Schwesterparteien Kohlendioxid mit der CCS-Technik unterirdisch speichern. 

Die Ladeinfrastruktur für E-Autos soll ausgebaut werden. Zugleich sehen CDU und CSU darin nicht die alleinige Zukunft auf der Straße: Das Verbrenner-Verbot, das für 2035 Neuzulassungen in der EU verbietet, will die Union kippen. 

Das Fazit im Wahlprogramm: Am besten regele der Markt den Klimaschutz. Das soll über den Emissionshandel mit CO2-Preis gelingen: "Der Markt soll darüber entscheiden, wo und wie Emissionen vermieden werden."

Bündnis 90/Die Grünen

Die Grünen wollen sich einer Abschwächung des Klimaschutzes entgegenstellen. Mehr Akzeptanz könne es nur geben, wenn Klimaschutz "einfacher und bezahlbarer" wird. Insgesamt brauche es einen "Instrumentenmix" aus marktwirtschaftlichen Mechanismen und gezielten staatlichen Eingriffen, etwa über Förderprogramme.

Für den Energiesektor heißt das: 2035 soll Strom komplett klimaneutral hergestellt werden. Das sei aber nur möglich, wenn enorm in Netzausbau und Speicher sowie in Biogaskraftwerke investiert wird, die mit Abfall- und Reststoffen betrieben werden sollen. Am Atomausstieg wollen die Grünen, auch wegen der ungeklärten Endlagerfrage, festhalten. Im Gebäudesektor setzt das Wahlprogramm auf mehr Wärmenetze und Wärmepumpen.

Global sei der Wettbewerb zwischen Verbrennern und E-Autos längst entschieden, schreiben die Grünen. Man müsse den Umstieg auf E-Mobilität nun beschleunigen mit Förderprogrammen für Ladeinfrastruktur und "sozial ausgewogene Kauf- und Leasing-Anreize für verbrauchsarme E-Autos". Das Verbrenner-Aus auf EU-Ebene ab 2035 soll bleiben. Auf den Autobahnen will die Partei ein Tempolimit von 130 km/h durchsetzen.

Die Grünen sprechen sich für den Emissionshandel über CO2-Zertifikate aus, wollen aber "einen Großteil der Einnahmen" unmittelbar wieder auszahlen: als "sozial gestaffeltes Klimageld an Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen".

Nicht alle CO2-Emissionen werden sich vermeiden lassen, heißt es weiter. In bestimmten Industrien wird es diese Abgase weiterhin geben. Daher sprechen sich nun auch die Grünen dafür aus, die CCS-Technik zu nutzen, um Kohlendioxid unterirdisch zu speichern.

FDP

Im Kampf gegen die Erderwärmung will die FDP "auf den Entwicklergeist von Firmen und Ingenieurinnen sowie Ingenieuren" setzen. Ihre Ideen und mehr Marktmechanismen würden den Klimaschutz am schnellsten voranbringen, ist der Grundgedanke im liberalen Wahlprogramm. Der Staat dürfe nicht überall mit "Verboten und Dirigismus" eingreifen. Die FDP strebt Klimaneutralität erst 2050 an, nicht schon 2045, wie im derzeitigen nationalen Klimaziel vorgesehen.

Die FDP spricht sich explizit gegen ein Tempolimit aus. Sie will die Ladeinfrastruktur für mehr Elektromobilität ausbauen, aber keine Kaufprämien für E-Autos einführen. Die Bahn will die FDP privatisieren, nur das Schienennetz soll in öffentlicher Hand bleiben.

Emissionshandel und CO2-Bepreisung sind für die Liberalen ein wichtiger Anreiz: "Wer besonders viel CO2 spart, muss weniger Zertifikate kaufen und spart Geld", führt das Wahlprogramm aus.

Allerdings will die FDP die Tür öffnen für Möglichkeiten, sich in Europa gewissermaßen Spielräume zu erkaufen: "Wir Freie Demokraten wollen die Möglichkeit nutzen, Projekte in anderen Staaten zu finanzieren und die entsprechenden Treibhausgasreduktionen auf die eigenen Ziele anzurechnen", heißt es im Wahlprogramm. Das soll den Druck von europäischen Ländern nehmen, deren Industrien sonst ins Ausland abwandern könnten, fürchtet die FDP.

AfD

Die AfD glaubt nicht, dass die Erderhitzung vom Menschen verursacht wird. Sie spricht von einer "unwissenschaftlichen Klimahysterie". Die Partei will daher aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen und lehnt jede Politik ab, "die sich auf den angeblichen Klimaschutz beruft". Sie lehnt den Ausbau der Windenergie ab sowie Solarmodule auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Jede staatliche Förderung von Ladeinfrastruktur für E-Autos müsse eingestellt werden.

Die AfD fordert den Wiedereinstieg in die Atomkraft und will über die Nord-Stream-Pipeline wieder Gas aus Russland beziehen. Auch die Laufzeiten von Kohlekraftwerken sollen verlängert werden.

Der Klimawandel habe vor allem positive Folgen, findet die AfD. Extremwetterereignisse würden nicht zunehmen, behauptet das Wahlprogramm.

Das sieht ein breites Spektrum vom Deutschen Wetterdienst bis hin zum Gesamtverband der Versicherungswirtschaft anders. Besonders für Hitzewellen, Dürren und Extremniederschläge habe "die Wissenschaft bereits starke Belege dafür gesammelt, dass Häufigkeit und Stärke zunehmen", schreibt die Helmholtz Klima Initiative, ein Zusammenschluss aus Forschern der deutschen Helmholtz-Institute. Seltener könnten Kältewellen werden. Es bestehe Handlungsbedarf und Ursachen des Klimawandels müssten eingedämmt werden, fordern die Wissenschaftler.

Die Linke

Superreiche müssten viel mehr zum Klimaschutz beitragen, fordert die Linke: Sie will "Privatjets und Megayachten mit über 60 Metern Schiffslänge" verbieten. Außerdem brauche es eine Vielfliegersteuer, um etwa klimaschädliche "Kurztrips zum Shoppen nach Dubai" zu verteuern.

Investieren will die Linkspartei vor allem in das öffentliche Verkehrsangebot und ein Neun-Euro-Ticket. Schüler, Azubis, Studierende und Senioren sollen sogar kostenlos im ÖPNV mitfahren.

Für "große, schwere Autos" sollen höhere KfZ-Steuern fällig werden. Die Hersteller sollen ihre Produktion möglichst auf reine Elektromobilität umstellen. Zuschüsse für kleine E-Autos sollen zum Beispiel Handwerksbetriebe oder Pflegedienste bekommen. Mit all diesen Maßnahmen plädiert die Partei für ein ambitionierteres Klimaziel: Schon für 2040 strebt sie Klimaneutralität in Deutschland an.

Die Ampelkoalition habe ihr Versprechen nicht gehalten, steigende CO2-Preise über ein Klimageld auszugleichen, kritisiert das linke Wahlprogramm. 2025 will die Linke eine Direktzahlung von 320 Euro jährlich pro Person starten. Reiche sollen aber zugleich einen "Energie-Soli" leisten.

Den Atomausstieg will die Linke beibehalten, dafür brauche es auch einen europaweiten Plan. Die CCS-Technik, also die Speicherung von CO2 unter der Erde, lehnt die Partei als zu risikoreich ab.

Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)

Klimaneutral werden sei absehbar gar nicht möglich, sagt das BSW - und spricht von einer "100-Prozent-Klimaneutral-Ideologie". Diese verteuere alles, vom Auto über Strom bis hin zur Wärmepumpe. Den CO2-Preis, der zu Aufschlägen für klimaschädliche Produkte führt, will das BSW ganz abschaffen.

"Billige Energie" sei "allein mit Wind und Sonne" nicht erreichbar, warnt das Wahlprogramm. Stattdessen brauche es wieder Gas aus Russland, darüber müsse die nächste Bundesregierung verhandeln. Gleichzeitig sollen Photovoltaik-Anlagen "auf öffentlichen Gebäuden, auf Parkplätzen, Ställen und Werkshallen" gefördert werden.

Im Verkehrsbereich sieht die Partei das Auto als weiterhin wichtigstes Verkehrsmittel. E-Autos seien aber zu teuer und ihre Akkus unzuverlässig. Deshalb will das BSW ebenfalls das Verbrenner-Verbot abschaffen.