Bundestagswahl 2025
Bundestagswahl 2025 Rente und Bürgergeld - wie stehen die Parteien dazu?
Rente, Mindestlohn, Bürgergeld: Welche sozialpolitischen Vorhaben haben die Parteien in ihren Wahlprogrammen? Einige wollen am derzeitigen Konzept festhalten, andere kündigen große Reformen an.
Rente und Bürgergeld sind zwei Themen, die in den vergangenen drei Jahren stark polarisiert und immer wieder für Streit gesorgt haben. Alle Parteien haben dazu viele Ideen in ihre Wahlprogramme geschrieben.
Beim Bürgergeld gibt es eine große Bandbreite an Vorschlägen, die meisten Parteien möchten es abschaffen oder verändern. Jede Reform wird vermutlich vom Verfassungsgericht überprüft werden. Karlsruhe hat in mehreren Urteilen festgelegt, dass jeder Hilfebedürftige in Deutschland ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum hat, das vom Staat eingelöst werden muss. Alle Vorstöße, das frühere Hartz IV an Bedingungen zu knüpfen oder härtere Sanktionen einzuführen, wurden deshalb in der Vergangenheit von den Verfassungsrichtern intensiv unter die Lupe genommen.
Auch bei der Rente gibt es viele Ideen, das System zu stabilisieren, zu verändern beziehungsweise das Rentenniveau stark zu erhöhen. Oft geht der Blick nach Österreich, wo das Rentenniveau weit höher ist als in Deutschland. Allerdings zahlen die Österreicher unter anderem auch weit höhere Rentenbeiträge und die Altersstruktur des Landes ist anders als in Deutschland.
SPD
"Das Bürgergeld ist eine steuerfinanzierte Grundsicherung und kein bedingungsloses Grundeinkommen", schreibt die SPD. Sie will das umstrittene Instrument beibehalten. Mitwirkung einzufordern, dabei solle es bleiben. Gleichzeitig will die Partei, dass Arbeitslose mehr Angebote bekommen: So sollen beispielsweise Programme ausgeweitet werden, bei denen ihnen durch staatliche Zuschüsse eine Arbeit ermöglicht wird.
Auch sollen die Jobcenter personell und finanziell besser ausgestattet werden, um eine "individuelle und engmaschige Beratung" sicherzustellen. "Wir wissen", schreibt die SPD, "dass die meisten Menschen im Bürgergeldbezug, die arbeiten können, auch arbeiten wollen."
Damit sich Arbeit auch lohnt, will sich die Partei dafür einsetzen, dass der Mindestlohn spätestens ab 2026 bei 15 Euro liegt.
Bei der Rente will die SPD ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent dauerhaft sichern. Rentenkürzungen lehnt die Partei ebenso ab wie eine Anhebung des Renteneintrittsalters. Bei der sogenannten "Rente mit 63" soll es bleiben - langjährige Versicherte können dadurch ohne Abschläge früher in Rente gehen. Die SPD plant, dass langfristig alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen.
Die Partei will zudem, dass sich Betriebsrenten stärker verbreiten - im Rahmen von Tarifverträgen. Dafür soll insbesondere die steuerliche Förderung von Betriebsrenten für Geringverdiener ausgebaut werden. Ergänzend will die Partei auf die private Altersvorsorge schauen.
Die SPD möchte zudem Rentner unterstützen, die weiterarbeiten wollen: Sie sollen einen befristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber schließen können, bei dem sie vor Renteneintritt tätig waren. Wer über die Regelaltersgrenze hinaus arbeitet, soll zudem einen Aufschlag erhalten: Was der Arbeitgeber sonst an Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung zahlen würde, soll direkt der Arbeitnehmer bekommen.
CDU/CSU
"Fördern und Fordern muss immer gelten", schreiben CDU und CSU. Und beim Bürgergeld klappt das nicht, so die Union: "Es fördert nur und fordert nicht mehr, es schadet mehr, als es nützt, und spaltet unser Land." Die Parteien wollen es deshalb abschaffen und durch eine "Neue Grundsicherung" ersetzen.
Die soll Druck aufbauen: Beispielsweise sollen die Hinzuverdienstgrenzen reformiert werden, um "Arbeitsanreize" zu setzen. Wer grundsätzlich keine Arbeit annehmen wolle, der soll als nicht bedürftig gelten. Bei der neuen Grundsicherung soll die jährliche Anpassung an die Inflation anders gehandhabt werden als bisher. Die Union findet, dass die Erhöhung in der Vergangenheit teils überproportional gewesen sei, das müsse sich ändern.
Zudem soll die Arbeitsvermittlung verbessert werden. Der Einsatz von KI in den Ämtern soll gestärkt werden, zudem soll der Fokus der Jobcenter auf eine "intensive und qualifizierende Unterstützung" der Hilfeempfänger gelegt werden.
Bei der Rente wollen CDU und CDU an der bestehenden gesetzlichen Regelung zum Renteneintrittsalter sowie der sogenannten "Rente mit 63" festhalten. Rentenkürzungen soll es nicht geben, vielmehr eine "Aktivrente": Wer über das gesetzliche Rentenalter hinaus freiwillig weiterarbeitet, bekäme sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei. Die Steuererklärung soll für Rentnerinnen und Rentner im Regelfall nicht mehr nötig sein.
Zudem planen CDU und CSU eine "Frühstart-Rente": Der Staat soll für jeden 6- bis 18-Jährigen zehn Euro pro Monat in ein jeweils persönliches, kapitalgedecktes Altersvorsorge-Depot einzahlen, um so ein Startvermögen für die spätere Rente aufzubauen.
Bündnis 90/Die Grünen
"In herausfordernden Zeiten braucht es einen starken und verlässlichen Sozialstaat", schreiben die Grünen. Das Bürgergeld wollen sie beibehalten, denn dadurch habe man "Hartz IV überwunden" und "einen Schritt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit gemacht". Es müsse flankiert werden von einem angemessenen Mindestlohn von zunächst 15 Euro und dem Abbau von prekärer Beschäftigung.
Die Grünen wollen mehr Anreize zum Arbeiten und einen Fokus auf Qualifizierung, Weiterbildung und eine nachhaltige Vermittlung. Dafür müsse es mehr individuelles Coaching durch die Jobcenter geben.
Bei der Rente wollen die Grünen das Rentenniveau bei mindestens 48 Prozent halten und die gesetzliche Rente schrittweise zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln: Abgeordnete sollen ebenfalls in die gesetzliche Rente einzahlen, perspektivisch auch Beamte. Die sogenannte "Rente mit 63" und das Renteneintrittsalter mit 67 Jahren will die Partei beibehalten.
Zudem soll es Anreize geben, länger zu arbeiten: Was der Arbeitgeber an Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung zahlen würde, soll der Arbeitnehmer bekommen können, wenn er über die Regelaltersgrenze hinaus weiter arbeitet.
Zudem planen die Grünen einen öffentlich verwalteten "Bürger*innenfonds". Ähnlich einem Aktienfonds soll er professionell geführt werden und in die Wirtschaft investieren. In dem Fonds könnten dann Bürger Geld für ihre persönliche Altersvorsorge anlegen. Zudem soll er auch eine Option für Betriebsrenten bieten, damit mehr Unternehmen ihren Mitarbeitern eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung anbieten.
Um Altersarmut zu bekämpfen, wollen die Grünen die Grundrente zu einer Garantierente nach 30 Versicherungsjahren weiterentwickeln. Zudem sollen die Erwerbsminderungsrenten verbessert werden.
FDP
"Arbeit muss sich stärker lohnen", fordern die Liberalen. Sie wollen das Bürgergeld grundlegend reformieren, denn sie vermuten: "Für einige scheint es lohnender, von Sozialleistungen zu leben, als einer geregelten Arbeit nachzugehen." Deswegen will die FDP härtere Regeln: Längere Pendelstrecken zu einer möglichen Arbeit sollen zumutbar werden und eventuell auch ein Umzug.
Arbeitslose sollen sich weiterbilden oder anstrengen, Arbeit zu finden - und das auch nachweisen können. Es soll eine Pflicht zur "Eigeninitiative inklusive Beweislast" geben. Wer nicht liefert, soll weniger Sozialleistungen bekommen, schreiben die Liberalen. Die Jobcenter sollen sich besonders um neue Arbeitslose kümmern: Im ersten Jahr soll es eine sogenannte "Intensivphase" geben, damit sich Arbeitslosigkeit nicht verfestigt.
Die FDP will zudem die Bürokratie hinter den Sozialleistungen vereinfachen. Bürgergeld und Wohngeld sollen zusammengefasst werden, Kosten für Unterkunft und Heizung sollen in regionalen Pauschalen ausgezahlt werden. Das Ziel: Durch die bessere Abstimmung der Sozialleistungen sollen Anreize für mehr Erwerbstätigkeit geschaffen werden.
Bei der Rente will die FDP einen flexiblen Renteneintritt: Die Menschen sollten den Beginn ihres Ruhestands selbst entscheiden können. Wer später in Rente gehe, bekomme eine höhere Rente, wer früher gehe, eine niedrigere.
Damit die Sozialabgaben unter 40 Prozent bleiben, will die FDP zudem unter anderem eine gesetzliche Aktienrente: Ein Teil der Rentenbeiträge soll in unabhängig verwalteten Fonds angelegt werden. Kombiniert werden soll das mit einem staatlich geförderten, individuellen Altersvorsorge-Depot und Vereinfachungen bei Betriebsrenten, damit diese von mehr Unternehmen angeboten werden.
AfD
"Das derzeitige Bürgergeld funktioniert nicht", schreibt die AfD, sie will es grundlegend umbauen. Bürgergeldbezieher sollen schneller wieder arbeiten, dazu will die Partei unter anderem härtere Sanktionen einführen und erwerbsfähige Bürgergeldbezieher nach sechs Monaten zu gemeinnütziger Arbeit heranziehen. Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft sollen Bürgergeld erst erhalten, wenn sie mindestens zehn Jahre in Deutschland sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben. Zudem müsse die Arbeitsvermittlung verbessert werden, so die AfD. Sie fordert stellenorientierte, passgenauere "Matching"-Verfahren.
Die Partei findet, dass die Regelsätze zu hoch sind. Um zu verhindern, dass Bürgergeld mehrfach bezogen wird, will die AfD von allen Bürgergeldempfängern die biometrische Identität erfassen und die Jobcenter und Agenturen besser untereinander vernetzen, um den angenommenen Missbrauch auszuschließen. Nähere Angaben oder Statistiken zum angenommenen Mehrfachbezug nennt die Partei im Programm nicht.
Das Rentensystem will die AfD umbauen: So sollen Politiker in die staatliche Rente einzahlen. Auch sollen weniger Menschen verbeamtet und Staatsdiener eher angestellt werden, sodass sie in die Rente einzahlen. Die AfD will ein flexibles Renteneintrittsalter mit einer generellen abschlagsfreien Rente nach 45 beitragspflichtigen Arbeitsjahren.
Die AfD will Anreize für Rentner schaffen, länger zu arbeiten, beispielsweise einen zusätzlichen Grundfreibetrag von 12.000 Euro. Um die Rente zu stabilisieren will sie unter anderem eine "Willkommensprämie" von 20.000 Euro für neugeborene Babys einführen und durch einen früheren Berufseintritt und weniger Teilzeitarbeit einen höheren Lebensverdienst ermöglichen. So lasse sich, schreibt die AfD, langfristig ein Rentenniveau von 70 Prozent des letzten Nettogehalts erreichen.
Die Linke
"Soziale Sicherheit ist kein Almosen", schreibt die Linkspartei. "Nur eine Gesellschaft, in der nicht ständig Angst vor dem Abstieg herrscht, ist eine humane und auch eine produktive Gesellschaft." Deswegen will die Partei das Bürgergeld zu einer Mindestsicherung ohne Sanktionen ausbauen: Inklusive Miete und Wohnkosten soll diese bei rund 1.400 Euro monatlich liegen, in Regionen mit hohen Mieten mehr. Damit sich Arbeiten trotzdem lohnt, soll der Mindestlohn spätestens ab 2026 auf 16 Euro erhöht werden.
Das Arbeitslosengeld soll länger gezahlt und auf 68 Prozent erhöht werden. Staatliche Beschäftigungsmaßnahmen, ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor ("sozialer Arbeitsmarkt") und Qualifizierungsprogramme sollen unter anderem die Zahl der Langzeitarbeitslosen senken.
Das Rentensystem will die Linkspartei umbauen. So sollen in Zukunft alle in die staatliche Rente einzahlen - auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete. Zudem soll die Beitragsbemessungsgrenze verdoppelt werden. Das Renteneintrittsalter soll auf 65 Jahre sinken. Wer 40 Jahre lang gearbeitet und Beiträge gezahlt hat, soll bereits ab 60 Jahren abschlagfrei in Rente gehen können.
Das Rentenniveau will die Linke auf 53 Prozent anheben. Ostverdienste will die Partei hochwerten. Auch die Rentenansprüche von Geringverdienern, Arbeitslosen, Erziehenden und Pflegenden sollen aufgewertet werden, damit diese Gruppen höhere Renten bekommen.
Um Altersarmut zu vermeiden, will die Partei eine Mindestrente einführen: Niedrige Renten sollen auf 1.400 Euro aufgestockt werden plus gegebenenfalls einen Mietzuschuss in Regionen mit hohen Mieten.
Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)
Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht will das Bürgergeld reformieren. "Ein Sozialstaat, der Armut verwaltet, statt Menschen zu stärken, verfehlt seine Aufgabe", schreibt das BSW. Die Partei will das Bürgergeld ersetzen durch eine "faire Grundsicherung" und eine "leistungsgerechte Arbeitslosenversicherung". Langjährige Beitragszahler sollen besser abgesichert werden, falls sie arbeitslos werden: Sie sollen so lange 60 Prozent ihres letzten Nettogehalts erhalten, bis ihnen eine zumutbare Beschäftigung angeboten wird oder sie einen neuen Job finden.
Arbeitslose sollen unterstützt werden bei der Jobsuche, aber auch mitwirken müssen. Ohne ins Detail zu gehen, schreibt die Partei: "Wer Maßnahmen ohne triftige Gründe ablehnt, muss mit Konsequenzen rechnen."
Um mehr Menschen in Arbeit zu bringen, will das BSW die Jobcenter personell und finanziell besser ausstatten. Die Aus- und Weiterbildung junger Menschen in Deutschland soll verbessert werden.
Die Rente will die Partei reformieren. Sie plant, dass alle Erwerbstätigen verpflichtend in die Rente einzahlen müssen. Um Altersarmut zu vermeiden, soll eine Mindestrente eingeführt werden: Wer 15 Jahre gearbeitet hat, soll mindestens 1.200 Euro Rente bekommen. Nach 30 Jahren soll es 1.300 Euro Mindestrente geben, nach 45 Jahren 1.500 Euro.
Die sogenannte "Rente mit 63" will das BSW beibehalten und das Renteneintrittsalter nicht weiter erhöhen.